Die internationale Finanzkrise wird nach Einschätzung der Europäische Zent-
ralbank (EZB) andauern. „Die Entwicklungen der letzten Tage zeigen, dass die
Korrekturen an den Finanzmärkten noch nicht abgeschlossen sind“, sagte Di-
rektoriumsmitglied Gertrude Tumpel-Gugerell der ZEIT. Die Notenbank reagiere
„wie schon seit Beginn der Turbulenzen, wenn erforderlich, mit entsprechenden
Maßnahmen am Geldmarkt, um dessen ordentliches Funktionieren zu gewähr-
leisten“, sagte sie.
Ein staatliches Konjunkturprogramm lehnte Tumpel-Gugerell aber ab. „Es gibt
Situationen, in denen das nötig ist ... Aber wir sind nicht an diesem Punkt. Wir
sind nicht in der Situation, in der wir Pyramiden bauen müssen.“ Die EZB gehe
davon aus, „dass sich die Konjunktur nur vorübergehend abschwächt und sich
die Wirtschaft wieder erholt.“ Tumpel-Gugerell: „Wir haben als Zentralbank eine
mittelfristige Orientierung mit dem Ziel Preisstabilität, zu gewährleisten, und ich
glaube nicht, dass wir unsere Politik an kurzfristigen Entwicklungen ausrichten
sollen.“
Tumpel-Gugerell verteidigte die Entscheidung der EZB, trotz der aktuellen Kon-
junkturflaute im Juli die Zinsen anzuheben. „Wir waren uns durchaus bewusst,
dass wir eine schwächere Konjunkturentwicklung sehen werden. Vergessen Sie
nicht: Damals schoss die Teuerung nach oben. Alle redeten über Inflationsge-
fahren. Und laut den jüngsten Projektionen unseres Mitarbeiterstabes werden
die Inflationsraten über einen längeren Zeitraum auf einem Niveau bleiben, das
deutlich über unseren Vorstellungen von mittelfristiger Preisstabilität liegt.“ Der
Rückgang der Ölpreise bremse zwar die Teuerung, es gebe jedoch „erste An-
zeichen für Zweitrundeneffekte“, also Spiralen aus steigenden Löhnen und
Preisen.