Der Bundesverband deutscher Tafeln ist besorgt über die hohe Zahl bedürftiger Kinder und Jugendlicher in Deutschland.
"Dass 500.000 Kinder und Jugendliche über die Tafel unterstützt werden, das sind natürlich Zahlen, die uns besorgen", sagte Jochen Brühl, Bundesvorsitzender von Tafel Deutschland, in der Sendung "Frühstart" der RTL/n-tv-Redaktion. "Wir lesen jetzt gerade von den Zahlen, dass die Armut punktuell zurückgeht, aber in bestimmten Regionen nimmt sie zu, und es ist wichtig, dass Gesellschaft und Politik diese Menschen auch weiterhin im Blick haben."
Nicht nur Reichtum, sondern auch Armut vererbe sich, sagte Brühl. Die Tafeln hätten es in den letzten Jahren geschafft, das Thema auf die Agenda zu bringen. "Wir müssen sehen, dass Kinder und Jugendliche, die jetzt bei den Tafeln sind, die Altersarmen von morgen sind".
Rente fange im Erwerbsleben an. "Da müssen wir anpacken. Deshalb ist die Grundrente ein erster Schritt, aber ist natürlich nur so ein Pflästerchen. Wir müssen viel früher ansetzen, damit die Menschen, die in Ausbildung oder in Schule sind, auch später Rente bekommen." An dieser Stelle müssten Staat und Gesellschaft nachjustieren, so Brühl in der RTL/n-tv-Sendung.
"Ich glaube, dass sich Menschen heute mehr trauen zu den Tafeln zu gehen", sagte Brühl. Ein großes Thema seien Scham und Angst. "Viele gehen nicht zum Amt, um Grundsicherung zu beantragen. Die gehen dann eher zur Tafel, weil das auch Orte der Begegnung sind, wo man auch Menschen mit Namen kennt, gerade in Zeiten von Vereinsamung. Das hilft Menschen." 20 Prozent der Kunden seien selbst Helfer bei den Tafeln. Bei der Zahl der Ehrenamtlichen verzeichne Tafel Deutschland einen Zuwachs "auf rund 62.000, aber die Zahl der abgeleisteten Stunden nimmt ab, weil die Leute sich nicht mehr drei, vier Tage in der Woche verpflichten möchten, sondern eher für Projekte", sagte Brühl.
Und auch da müsse man als Gesellschaft gucken: "Was kann man zum Beispiel machen, um Ehrenamt auch für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer attraktiv zu machen?" Im Moment sei es so, "dass viele Ältere nach der Arbeits- und Erwerbstätigkeit zur Tafel kommen und da helfen". Man müsse die Bedingungen überprüfen, inwieweit auch Leute, die im Berufsleben seien, die Möglichkeit nutzen könnten, ehrenamtlich tätig zu sein. "Und da muss man auch das Ehrenamt weiterentwickeln. Ich glaube, das Ehrenamt ist kostbar, aber es ist nicht selbstverständlich."
Foto: Kinder vor einem unsanierten Haus in Berlin-Neukölln, über dts Nachrichtenagentur