Wissenschaftler werfen Virologe Christian Drosten unsaubere Forschungsarbeit vor / Studie über Ansteckung von Kindern
Wissenschaftler aus mehreren Ländern üben massive Kritik an einer Studie des Chef-Virologen der Charité Berlin, Christian Drosten. Der Vorwurf: Drosten, der auch die Bundesregierung berät, habe statistisch unsauber gearbeitet und seine wissenschaftlichen Empfehlungen möglicherweise den Wünschen der Politik angepasst.
Ein Forscher-Team um Christian Drosten hatte im April eine Studie vorgelegt, laut der Kinder ebenso ansteckend mit dem Corona-Virus sein können wie Erwachsene. Seine Empfehlung an die Politik lautete daher, Schulen und Kitas vorerst nicht zu öffnen.
Wie die BILD-Zeitung jetzt berichtet, werfen Forscher Drosten und seinem Team vor, die Daten der Studie falsch erhoben und interpretiert zu haben. Nach BILD-Informationen wurde die Kritik der Wissenschaftler in Drostens Forscher-Team intern diskutiert und eingestanden.
Professor Leonhard Held vom Institut für Epidemiologie, Biostatistik und Prävention der Universität Zürich kritisiert in einer eigenen Untersuchung, Drosten habe zu wenige Kinder untersucht, um belastbare Ergebnisse zu liefern. Vielmehr komme Held bei einer erneuten Auswertung zu dem Ergebnis, dass Kinder weniger ansteckend seien: Es gebe moderate Beweise für eine „zunehmende Viruslast mit zunehmendem Alter“.
Auch Statistik-Professor Dominik Liebl von der Universität Bonn weist auf Ungereimtheiten in der Drosten-Studie hin. „Die mittlere Viruslast der Altersgruppe Kindergarten ist um 86 Prozent niedriger als die mittlere Viruslast der Altersgruppe der Älteren“, erklärt Liebl in einer Untersuchung. Liebl weiter: „Die statistische Analyse der Autoren widerspricht ihrer zentralen Schlussfolgerung.“
Laut Wirtschaftsprofessor Jörg Stoye (Cornell University in New York) könnten die Ergebnisse aus politischen Gründen verfälscht worden sein: „Meine Lesart der Charité-Studie kehrt ihre Stoßrichtung um“, schreibt Stoye in einer ausführlichen Analyse der statistischen Methoden des Drosten-Papiers.
Sein Vorwurf: Die Ergebnisse „scheinen von Entscheidungen der Forscher getrieben zu sein“. Die Stoßrichtung der Resultate „stimme mit den öffentlichen Standpunkten (…) der jeweiligen Hauptautoren überein“. Stoye weiter: „Es gibt viele gute Argumente gegen eine schnelle Wiedereröffnung der Schulen, aber die Charité-Studie trägt nichts dazu bei.“