Der Bonner Virologe Hendrik Streeck hat sich der Kritik an der Studie seines Kollegen Christian Drosten von der Berliner Charité angeschlossen.
"Die Methode ist von fünf Statistikern kritisiert worden, und diese Kritik kommt nicht von ungefähr", sagte der Wissenschaftler dem "Redaktionsnetzwerk Deutschland". Es sei jedoch schwierig, "zwischen berechtigter Kritik und dem, was dann medial daraus gemacht wird, zu trennen", sagte er mit Blick auf einen umstrittenen Bericht der "Bild"-Zeitung über Kritik an der Drosten-Studie zur Virenbelastung bei Kindern.
"Von der Art der Berichterstattung würde ich mich distanzieren." Letztlich stünden Drosten und er genauso wie jene Statistiker, die kritische Anmerkungen zur Studie der Charité veröffentlicht haben, "in einem Team, nämlich im Team Wissenschaft", sagte der Leiter der Heinsberg-Studie, die selbst öffentlich stark in die Kritik geraten war.
Zu der aktuellen Debatte um Drosten sagte der Direktor des Instituts für Virologie an der Uniklinik Bonn dem RND: "Ich fühle mit ihm, das ist eine sehr unangenehme Situation, in der er sich befindet."
Als Wissenschaftler sei einem mitunter "nicht klar, in welche politische und mediale Gemengelage man sich da begibt." Das sei ihm selbst im Verlauf der Heinsberg-Studie ähnlich ergangen. Streeck vermisste nach eigenen Angaben seinerzeit eine ähnliche Unterstützung von Kollegen und Öffentlichkeit, wie sie derzeit der Berliner Virologe Drosten erlebt.
"Es ist eine Frage, die mich wirklich beschäftigt: Warum es auf der einen Seite trotz berechtigter Kritik viel Unterstützung von Medien und auch sonst gibt, während einem auf der anderen Seite niemand zur Seite springt. Die inhaltliche Kritik an unserer Studie – und um die geht es ja am Ende – hat jedenfalls nicht standgehalten."
Virologe Alexander Kekulé: "Warum Drosten die Studie nicht einfach zurückzieht, ist schwer nachvollziehbar"
Der Virologe Alexander Kekulé hat eine Studie des Charité-Virologen Christian Drosten scharf kritisiert. In der Studie haben Drosten und sein Team untersucht, ob Kinder, die an Covid-19 erkrankt sind, ähnlich ansteckend sind wie Erwachsene.
Mehrere Wissenschaftler hatten zuletzt statistische und methodische Fehler moniert. In einem Gastbeitrag für den Tagesspiegel (Donnerstagsausgabe) schließt Kekulé sich dieser Kritik an. "Drosten will nun weitere Daten auswerten und die Statistik neu berechnen. Doch das kann die aktuelle Arbeit nicht retten", schreibt Kekulé. "Warum Drosten die Studie nicht einfach zurückzieht, ist schwer nachvollziehbar." Dadurch, dass Drosten die Studie weiter verteidige, so Kekulé, biete er "der 'Bild' eine unnötige Angriffsfläche".
Alexander Kekulé moniert einerseits, dass die mit Tupfern genommenen Probenmengen "nicht miteinander vergleichbar" seien und unterschiedliche Analysegeräte verwendet wurden. Auch die verwendete statistische Methode sei nicht geeignet, um eine sichere Aussage darüber zu treffen, ob Kinder ähnlich, mehr oder weniger ansteckend seien als Erwachsene.
Die Virologen des Charité-Teams hatten aufgrund ihrer Ergebnisse vor der unbegrenzten Wiedereröffnung von Schulen gewarnt. Zuletzt hatte ein Autor der Bild-Zeitung Drosten scharf angegriffen, der sich wiederum auf Twitter und in seinem Podcast gegen die Angriffe wehrte.
Kekulé schlägt seinerseits vor, in Schulen und Kitas verstärkt die Kinder mit schnellen und preiswerten Verfahren zu testen - mindestens einmal, bevor man die Einrichtungen wieder öffnet.
Foto: Fahrgäste mit Mund-Nasen-Schutz, über dts Nachrichtenagentur