Optimisten haben es schwer an dieser Jahreswende. Nur noch jeder dritte Deutsche (vor zwölf Monaten jeder Zweite) blickt hoffnungsvoll in das neue Jahr, 28 Prozent haben Befürchtungen, 30 Prozent sind skeptisch.
Dass die Stimmungslage nur gedrittelt ist, kann, wer will, sogar optimistisch sehen. Nach den fast täglich neuen 2009-Prognosen der letzten Wochen für Konjunktur und Finanzen müsste eigentlich Weltuntergangsstimmung herrschen.Die aber macht sich aus hoffentlich gutem Grund hierzulande nicht breit.
Auch deshalb, weil Otto Normalverbraucher weit weniger hektisch auf die real ausgebrochene Finanz- und die bislang mehr herbei geredete Wirtschaftskrise reagiert als die vermeintlich allwissenden Börsen- und Rankinggurus rund um den Globus.
Erst haben die Sparer ihre Konten nicht abgeräumt und damit das Finanzsystem vordem Zusammenbruch bewahrt, dann haben sie der Konjunktur durch großzügige Weihnachtseinkäufe auch noch einen Schub versetzt. Ein Indiz dafür, dass einmal mehr die erfragte allgemeine Stimmungslage im Lande sich keineswegs decken muss mit der individuellen.
So hat die Mehrheit der Berufstätigen auch bislang keine konkreten Auswirkungen der angekündigten schwersten Wirtschaftskrise seit 80 Jahren verspürt; nur aus immer neuen Prognosen von ihr vernommen.Und selbst wenn das Jahr 2009 ein schweres werden sollte: Ein Blick zurück zeigt, dass Deutschland in den vergangenen Jahrzehnten schon weit schlimmere Krisen gemeistert hat.
Zwei Mal (1950 Korea und 1962 Kuba) drohte ein neuer Weltkrieg, 1973 drehten die Araber den Ölhahn zu, Anfang der achtziger Jahre standen die Sozialsysteme vor dem Kollaps und wurden erst dank eines Regierungswechsels saniert. Und 2001 versetzte der islamistische Terror die Welt in Angst und Schrecken.
Auch ein Blick voraus kann Mut machen, wozu dieses Land fähig ist, wenn es denn will: Im Mai 2009 wird die Bundesrepublik 60 Jahre alt -so viel Demokratie und so lange Frieden war noch nie in der deutschenGeschichte. Im November vor 20 Jahren fiel die Mauer und öffnete sichder Weg zur Wiedervereinigung.
Wir sollten schon ein bisschen zufriedener sein mit dem, was wir erreicht haben und worum uns viele in der Welt noch immer beneiden.Es wäre töricht, die prognostizierte Wirtschaftskrise zu verharmlosen, gar zu leugnen. Doch wie flüchtig Konjunkturvorhersagensind, hat das endende Jahr wieder bestätigt: Dem Aufschwunggerede folgte die angeblich alles gefährdende Ölpreisexplosion, dann kollabierten über Nacht die Finanzmärkte und vor ein paar Wochen brach der Ölpreis zur Überraschung aller wieder ein; nun gilt er als Stabilisator der Konjunktur.
Welche Wendungen binnen zwölf Monaten!Die Schwarzmaler mögen im Augenblick Hochkonjunktur haben. Doch ihre Prognosen beziehen sich auf eine Zukunft, die wir selbst gestalten können. Das sollten wir nie vergessen.
Berliner Morgenpost
2009 wird ein schwieriges Jahr. Das sagen alle Experten - oder solchedie sich dafür halten. Da zumindest die Wirtschaft zu 50 Prozent auf Psychologie beruht, wird es wohl so werden: schwierig. Zudem stehen 16 Wahlen ins Haus. Und es wäre das erste Mal, dass die Parteien im Wahlkampf die Chance verstreichen lassen würden, das Land schlecht zureden.
Nur ein Beispiel: Die Linkspartei lebt von Negativ-Kampagnen -eigene Leistungen hat sie mit Ausnahme der gescheiterten DDR ohnehin nicht vorzuweisen. Und ganz nebenbei wird 2009 für die SPD das schwierigste aller bisherigen Jahre seit Kriegsende werden - doch daskann sich ja noch ändern.
Dennoch: 2009 hat trotz aller Unkenrufe, reelle Chancen, Zuversicht zu verbreiten. Die Wirtschaftskrise wurde gefühlt schon vorweggenommen. Viele Entlassungswellen sind längst "durch". Und bisher trotzen die deutschen Konsumenten jedem Rezessions-Szenario. Es wird gekauft als gäbe es kein Morgen.
2009 wird das Jahr sein, in dem gleich zwei Konjunkturpakete in Kraft treten, die in der bundesrepublikanischen Geschichte ihres gleichen suchen. Und in diesem einen Punkt kann, ja muss man die Bundesregierung loben: Das macht sie gut.Nicht gut funktioniert dagegen das außenpolitische Krisenmanagement der 2007 noch so verwöhnten Gipfel-Kanzlerin Merkel.
Erst nahm Deutschland einseitig Partei im Kaukasus-Krieg, obwohl Georgien diesen Krieg mutwillig vom Zaun gebrochen hatte. Dieser Tage nun eröffnet Merkel im sinnlosen Nahost-Gemetzel eine Schulddebatte, die sie auch gleich beantwortet: Die Hamas mit ihrer "Nadelstichpolitik" sei selbst verantwortlich für das israelische Bombardement in Gaza.
Thema verfehlt. Deutsche Vermittlungschancen minimiert.Traurig genug, dass der Nahe Osten wieder in Gewalt und Chaos versinkt: Es ist falsch, dabei eine der beiden Seiten in ihrem jetzigen Handeln zu bestätigen.
Letzten Endes werden nicht Bomben diesen Konflikt lösen, sondern (Friedens-) Verhandlungen. Außerdem ist es offensichtlich, dass der Waffengang für den israelischen Wahlkampf instrumentalisiert wird. Ein Punkt, an dem die israelischenPolitiker ihren Feinden bei der Hamas fatal ähneln.
Gefragt wären dieUSA. Nicht Bush, sondern sein Nachfolger Obama. Der "Hoffnungsträger"dürfte allerdings mit diesem Konflikt überfordert sein. Ohnehin war es bisher so, dass einige US-Regierungen eine schlechtere Nahost-Politik betrieben haben als andere. Erfolgreich war aber keinevon ihnen.
Deutschland und die EU können in diesem "Quartett" nur indirekt mitwirken und schlichten. Mehr ist nicht drin. Das weiß Frau Merkel so gut wie ihr SPD-Vize Steinmeier. Diese konfrontative Außenpolitik prägte übrigens das gesamte Jahr 2008: Lobte die Kanzlerin den Dalai Lama, Georgien oder Israel, so ergriff der Außenminister sofort die Gegenposition. Nächstes Jahr wird das anders: Da bekämpfen sich beideauf innenpolitischem Feld. Hoffentlich mit mehr Erfolg.