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Genforschung bis zum Ur-Kern des Lebens

Der Forschergeist im 17./18. Jahrhundert fahndete nach dem Kern, dem Nukleus der lebenden Materie. Und heute legen wir Hand an die Schöpfung und fuhrwerken im Erbgut herum. Zum Nutzen oder Verderben?

 

von Hans-Jörg Müllenmeister

Die Alchemie lag noch im tiefen dogmatischen Schlummer. In den Alchemieküchen des Mittelalters laborierte man geheimnisumwoben. Aus Unedlem sollte edles Gold entstehen. Statt seiner erfand man erneut das Porzellan und das Schwarzpulver der Chinesen. Man war auf der Suche nach dem Stein der Weisen, wollte ultimative Allheilmittel finden. Quacksalber unternahmen sogar okkulte Experimente, um den Homunkulus, „das künstliche Menschlein“, aus der Retorte zu ziehen. Erst nach und nach entwickelte sich aus diesem Bestreben die moderne Chemie und Pharmakologie. Der Forschergeist im 17./18. Jahrhundert fahndete nach dem Kern, dem Nukleus der lebenden Materie. Und heute legen wir Hand an die Schöpfung und fuhrwerken im Erbgut herum. Zum Nutzen oder Verderben? Diesen Weg bis hin zur Manipulation des Saatguts wollen wir nachvollziehen.

Alles begann damit, den Wirrwarr der Lebensformen erst einmal systematisch aufzulisten, Ordnung zu stiften im lebendigen Gefüge. Das gelang erstmals dem Schweden Carl von Linné (1707-1778). Selbst der Dichterfürst Goethe bewunderte Linné als selbstbewußten eloquenten Zeitgenossen. Er stellte ihn auf Augenhöhe mit Spinoza und Shakespeare. Linné ordnete systematisch das Reich der Pflanzen und Tiere. Von ihm stammt die Einteilung in Klassen, Ordnung, Gattung bis zur kleinsten Einheit: den Arten. Er prägte auch den Begriff „homo sapiens“. Erstmals wird klar, warum wir in Zoos einen angestammten Hang zu Affen haben. Sind Sie doch biologisch unsere engsten Verwandten.

1836 entdeckte Theodor Schwann das Pepsin. Denken Sie nicht, das wäre etwas Weltfremdes. Nein, Pepsin ist ständig ganz nahe bei uns, sogar in unserem Magen. Dieses Verdauungsenzym wirkt wie ein Vermittler und spaltet die Proteine, die Eiweiße auf. Schwann erkennt, dass die Zellen die kleinsten elementaren Bausteine der Lebewesen sind. Damit ist er der Vater der modernen Zellbiologie.

Für Emil Fischer (1852-1919) war die Biologie der Inspirationsquell seiner organisch-chemischen Forschung. Er konzentrierte sich auf die Stoffe, die unsere Natur hervorbringt. Kaffeetrinker aufgepaßt: Als Erster synthetisiert Fischer Koffein und fabriziert Süßstoff, weil er die Glukosestruktur von Traubenzucker verstand. Anschaulich vergleicht der begnadete Didakt, wie Enzyme an andere Stoffe andocken und dabei Informationen übermitteln, dies nach dem Schlüssel-Schloss-Prinzip (1894). Enzyme sind ja die Miniboten, die den Stoffwechsel im Organismus steuern. Seine Arbeiten mit Nukleinsäuren und Nukleotiden bringen schließlich erste Einblicke in Aufbau und Wirkungsweise der Zellkernsubstanzen. Unheilbar an Darmkrebs erkrankt, gab sich der Begründer der Biochemie selbst den Zelltod.

Der Herr der Fliegen, genauer der Taufliegen, war der Zoologe und Genetiker Thomas Hunt Morgan (1866-1945). Gerade diese Zweiflügler haben es ihm angetan, denn sie vermehren sich teuflisch gut. So kann Morgan in rascher Folge durch Kreuzungsversuche die grundlegende Struktur der Chromosomen aufklären. Irgendwann im Wonnemonat Mai 1910 zeigt seine Fliegenzucht unter Tausenden von rotäugigen, ein mutiertes weißäugiges Fliegenmännchen. Morgan „verkuppelt“ es mit einem rotäugigen Weibchen, und dann ihre Nachkommen untereinander. In der ersten Generation sind alle Nachkommen rotäugig. Die Erbanlage für dieses Merkmal treten nicht zutage, sie werden also verdeckt (rezessiv) vererbt. Aber dann, in der zweiten Generation, sind ein Viertel der männlichen Nachkommen weißäugig. Hunderte Fliegengenerationen später beweist Morgan, dass die Informationen der geschlechtsgebundenen Erbanlagen, die Gene, an festgelegten Plätzen des Erbguts sitzen. Er ermittelt ihre Reihenfolge und Abstände zueinander. Seine Ergebnisse fasst er in Gen-Karten zusammen. Erst mit seiner Arbeit als „Gen-Kartograph“ beginnt die experimentelle genetische Diagnostik. Wie es aber zu Genveränderungen kommt, bleibt lange Zeit rätselhaft.

Das Auflösen dieses Rätsels gelang erst 1953 durch die Beschreibung der Desoxyribonukleinsäure. Statt dieses Wortbandwurms sagt man kurz DNA oder auch DNS. Und jetzt wird es spannend. 1944 erkennt man in der DNA den Träger der genetischen Information, der die Bauanweisung und die Merkmale des Individuums enthält. Die spannende Frage bleibt: Wie sieht die DNA aus, ein Wendel-Gebilde, das eine Milliarde mal länger ist als es breit ist.

Die Genetiker Francis H. Crick, James D. Watson und M. H. Frederick Wilkins entziffern dieses Rätsel. Nur skizzenhaft können wir hier die DNA beschreiben, nicht aber ihre Funktion. Als fadenförmiges Riesenmolekül bildet sie den Zellkern. Dieses Gebilde hat die Form einer gewundenen Strickleiter (Doppelhelix). Die langen Stränge bestehen aus Zucker- und Phosphatmolekülen; diese verbindenden verzahnte Sprossen, gebildet aus vier verschiedenen Nukleinsäurebasen. Das sind die Buchstaben, die das molekulare Buch des Lebens schreibt. Die Zellteilung, also der Neubau eines Proteins bedeutet, dass sich die beiden Stränge (Nukleotiden) wie ein Reißverschluss auftrennen, und zwar auf Befehl eines bestimmten Enzyms. Es entsteht eine identische Kopie. Unvorstellbar: die DNA braucht wegen ihrer Helixstruktur für ihr Verdoppeln Millionen von Rotationen.

Jetzt kommen wir zur Kernfrage des geheimnisvollen Lebens überhaupt. Wie steuert die DNA die Bildung von Proteinen (Eiweiße) und wie funktionieren die winzigen biologischen Wunderwerke? Die Ersten, die an der Festung der Schöpfung rütteln und sich mit passendem Schlüssel am genetischen Code Eintritt verschafften, waren Marshall W. Nirenberg und sein Weggefährte, sein späterer Konkurrent Heinrich Mathaei. Durch ihr epochales Experiment wird klar, dass die Natur auf genial einfache Weise Eiweissmoleküle gewinnt, nämlich aus 22 verschiedenen Aminosäuren nach dem Baukastenprinzip.

Entscheidend ist, welcher Baustein an welcher Stelle sitzt. Einmal dienen die Proteine als Zellbausteine zum anderen übernehmen sie eine Funktion als „Enzym-Roboter“ in der Zellfabrik. Eine vielversprechende Substanz, die die Forscher aus der Zelle isolieren, erregte ihre Aufmerksamkeit, nämlich die langkettige RNS (Ribonukleinsäure). Sie kommt auch außerhalb des Zellkerns vor. Das Team findet heraus: Die Reihenfolge der Bausteine in der RNS diktieren das Alphabet der Aminosäuren in den Proteinen. Die „Sprache des Lebens“ besteht aus Worten, die aus einer festgelegten Kombination von vier Nukleotiden (DNA-Grundbausteine) besteht. Diese bestimmen, welche Aminosäure in das Protein einzubauen ist.

Barbara McClintock schlägt eine genetische Brücke zur Erkenntnis von Darwin. Lebewesen haben demnach die Fähigkeit, ihren genetischen Code umzuprogrammieren, z. B. durch Stress und Umweltgifte. Während einige ihrer Zeitgenossen Mais kolbenweise verschlingen, züchtet Barbara beharrlich zig-Generationen von Maispflanzen und studiert deren Veränderung. Experimentell beweist sie 1951, dass es „springende“ Gene gibt, die von der Umgebung geprägt sind.

Die Gelehrtin erkennt auch erstmals die Bedeutung der Chromosomenenden (Telomere). Diese Enden bestimmen die Stabilität und Lebenszeit der Zelle. In der bis dahin für starr gehaltenen Chromosomenstruktur dienen „Springgene“ als Kontrollelemente; sie sorgen dafür, dass Gene ihren Ort im Chromosom verändern können. Kaum hat Barbara McClintock 1951 das „mobile Gene“ entdeckt, bekommt sie 1983, schon 32 Jahre später, den Nobelpreis für Physiologie. Welch ein „genetischer Zeitsprung“ liegt zwischen Entdeckung und Nobelpreisvergabe!

Soweit so gut... seit der Mensch ins Allerheiligste des Lebens eingedrungen ist, versucht er aus Unvernunft, vor allem aus Habgier manipulierend ins Erbgut einzugreifen. Beispiel: genmanipulierte Pflanzen. Eine Aktion mit scheinheiligem Anstrich läuft auf Svalbard/ Spitzbergen. Auf dieser gottverlassenen Inselgruppe steckt Bill Gates Abermillionen Dollar in ein Projekt, das sich „Tresor des jüngsten Gerichts“ schimpft, gemeinsam mit der Rockefeller-Stiftung, um nur diese beiden Sponsoren zu nennen. Hier ist man dabei, naturbelassenes Saatgut von mehr als drei Millionen Pflanzensamen der Welt einzulagern. Hört sich doch vorsorglich an.

Seien Sie bloß nicht so naiv und meinen, das wäre ein altruistischer Akt der Menschenliebe für den schlimmsten Fall. Erinnern Sie sich, 1972 formulierte es Henry Kissinger so: „Wer das Öl kontrolliert, der kontrolliert das Land, wer die Nahrung kontrolliert, kontrolliert das Volk.“ Welch ein Widerspruch! Was veranlasst die US-Sponsoren, einerseits patentiertes und manipuliertes Saatgut weltweit zu verbreiten – gepriesen als Grüne Revolution, andererseits aber Millionen Samenvarianten im kühlen Safe nahe dem Nordpol zu konservieren? Sie nennen es „Sicherung der Vielfalt der Feldfrüchte für die Zukunft“. Das wäre dann etwas für den kleinen Hunger der übrig gebliebenen Philanthropen (die Gates-Gefolgschaft) – nach der bevorstehenden Weltkatastrophe.

Ist die Grüne Revolution eine weitere Strategie der Rockefellers, um ein globales „Agribusiness“ zu entwickeln, das sich genauso monopolisieren lässt, wie es diese Herrschaften zuvor mit der Ölindustrie taten? Die Rockefeller-Stiftung finanziert nämlich auch die Forschung gentechnisch veränderter Pflanzen und Tiere. Zudem: Der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln verschafft den Öl- und Chemiegiganten neue Märkte. Diese pseudohumane Stiftung unterhält in Afrika Feldversuche, genauer eine genmanipulierte Grüne Revolution, während sie klammheimlich den „Tresor des jüngsten Gerichts“ vollstopft. Natürlich sitzen auch hier die Agro-Riesen in der selbst gezimmerten Arche.

Normalerweise haben Pflanzenzüchter und Forscher auf Genbanken Zugriff. Heute heißen die Großen der Welt Dow Chemical, Monsanto/ Bayer, DuPont und Syngenta. Zudem besitzen diese Agro-Giganten die Patentrechte auf Pflanzen. Und jetzt kommt’s: Seit 2007 sind Monsanto und die US-Regierung Patentpartner der sogenannten Terminator-Technologie (Saatgut mit eingebauter Unfruchtbarkeit). Offiziell heißt das zynisch „Gentechnische Beschränkung der Wiederverwendbarkeit“ (GURT). Das ist eine verhängnisvolle Gentechnologie, bei der industriell hergestelltes, patentiertes Saatgut nach der Ernte „Selbstmord“ begeht.

So kommt es zur totalen Kontrolle und Abhängigkeit von den Saatgutkonzernen. Diese Monopolisten haben eine derartige Macht über unsere Nahrungskette, wie sie die Menschheit nie zuvor erlebte. Der perfide, gentechnisch konstruierte Selbstmordmechanismus der Pflanzen zwingt die Farmer dazu, jedes Jahr von den Saatungutlieferanten neue Aussaat für Reis, Sojabohnen und Getreide teuer zu kaufen. Durch das bedrohliche Ausbreiten dieser Technologie können die Saatungutlieferanten die Bauern in der Welt zu Sklaven und Leibeigenen machen. Das moderne Mittelalter läßt grüßen!

Wie weit sind wir gekommen? Von der Erforschung des Erbgutes bis zum teuflischen Herumfuhrwerken in den Urkern des Lebens: der DNA. Schlußendlich ließe sich auf schreckliche Weise genpatentiertes Saatgut elegant zur biologischen Kriegsführung nutzen. Wollen wir auch das zulassen? Moralisch gesehen, kann ich Ihnen nur eins empfehlen: Investieren Sie nicht in die oben erwähnten „Agrohaie“. Bunkern Sie eher haltbare, dehydrierte Lebensmittel für unsichere Zeiten.

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