Der öffentlich-rechtliche Rundfunk war in den 1950er Jahren ein Instrument, das die junge Demokratie festigte. Der Rundfunkstaatsvertrag sollte die Grundversorgung der Bevölkerung mit journalistischer Information sicherstellen, und er wurde diesem Anspruch mit dem Gebührensystem gerecht.
Die monatliche Zwangsabgabe ist geblieben, doch das Land hat sich weiterentwickelt. Heute verfügt Deutschland über eine vielfältige, unabhängige und qualitativ hochwertige Medienlandschaft, die die Menschen umfassend informiert und unterhält.
Die Frage sei gestattet:Welchen Sinn hat da noch ein in Europa beispielloses öffentlich-rechtliches Monstrum, das mittlerweile Gebühren von mehr als sieben Milliarden Euro im Jahr verschlingt?
Die öffentlich-rechtlichen Anstalten haben durch ihren Niveau-Verfalldazu beigetragen, dass sich diese Frage immer drängender stellt. Gehört es tatsächlich zur Grundversorgung mit journalistischer Information, zur besten Sendezeit schwülstige Groschenroman-Verfilmungen auszustrahlen?
Gehören wummernde Volksmusik, Fließband-Shows und Sponsoring ins öffentlich-rechtliche Fernsehen? Und entspricht es wirklich dem gesellschaftlichen Auftrag der Sender, mit ihren geballten Gebühren-Milliarden elektronische Tageszeitungen ins Netz zu stellen, die die Angebote der Verlage regelrecht ersticken?
Das öffentlich-rechtliche System stellt sich durch seinen ungezügelten Expansionsdrang zunehmend selbst in Frage. Zwar wären ARD und ZDF in gewissen Grenzen und mit der historisch vorgezeichneten Seriosität tatsächlich eine sinnvolle Ergänzung zu den Angeboten der Privatwirtschaft.
Doch das sensible Gleichgewicht zwischen den subventionierten und den privaten Medien ist endgültig gekippt. Nur so ist es zu erklären, dass sich in den vergangenen Monaten kein Ministerpräsident mehr traute, sein Veto gegen Gebührenerhöhungen einzulegen: Die nächste Wahl kommt bestimmt, wer will es sich da schon mit der gewaltigen Meinungsmacht von ARD und ZDF verderben?
Und so schreitet die Verfilzung von Politik und öffentlich-rechtlichem Mediensystem voran - am Ende könnte die Meinungsvielfalt und damit unsere Demokratie selbst Schaden nehmen.
Westdeutsche Zeitung