Barack Obama wurde gestern mit großem Pomp in sein Amt eingeführt. Gebt den Leuten Brot und Spiele, das haben bereits die Römer zelebriert. Wobei Obama mit seinergestrigen Rede wirklich versuchte, die Menschen zu erreichen. Er braucht das Vertrauen des Volkes in seine Politik. Welchen Vorteil hat ein „Messias“ im Vergleich zu einemgewöhnlichen US-Präsidenten? Er kann dem Volk harte, unbequeme Schritte zumuten, ohne dass man ihm gleich den Kopf dafür abschlägt. Unbequeme Botschaften verkündetman am besten zu Beginn seiner Amtszeit, das ist eine alte Regel. Obama dürfte sich bewusst sein, dass der erste farbige Präsident der USA auf ewig einen herausragendenPlatz in der Geschichte Amerikas innehaben wird.
Der US-Banken-Index verlor im Jahr 2009 (es ist erst 12 Handelstage alt) bereits 43 Prozent an Wert. Allein gestern betrug der Verlust knapp 20 Prozent. Die großen Institute Bank of America, Citigroup und Wells Fargo führen die Verlustliste an. Auf der Broker-Seite fällt besonders J.P.Morgan negativ auf. Merrill Lynch wurde von Bank of America übernommen. Zwei Kranke ergeben keinen Gesunden.
Vom Top ist der US-Bankenindex knapp 80% gefallen. Damit wurde der Verlust des Nasdaq in der Blase von 2000 bis 2002 übertroffen. Zum Vergleich: Der Verlust des Dow Jones Index zwischen 1929 und 1932 betrug 89 Prozent. Der Bankenindex gerät jetzt in die Nähe dieses Wertes.
Der Markt erzwingt Reaktionen von den Politikern, der Markt führt die Politiker. Genauso wie Roosevelt nach seiner Amtseinführung zu deutlichen Neuordnungen der Wirtschaftslandschaft gezwungen war, wird Obama vom Markt in ähnlicher Weise unter Druck gesetzt. Das Zeitfenster ist knapp (100 Tage) und er muss es nutzen, um seinen Platz in der Geschichte einnehmen zu können. Die Stabilität des Weltfinanzsystems ist aktuell gefährdeter denn je. Es reicht nicht, immer nur Geld nachzuschieben oder die Verstaatlichung fortzuführen. Das Geschäftsumfeld wird ja dadurch nicht besser. Warren Buffett hat die aktuelle Situation in einem Interview als „ökonomisches Pearl Harbor“ bezeichnet. „Wir müssen jetzt alle Kräfte mobilisieren, und dann werden wir den Krieg gewinnen“, so Buffet weiter in einem NBC-Interview.
Wie gewinnt man diesen Krieg? Indem man alte Zöpfe abschneidet. Das US-Banken- und Investmentbanken-System ist mit toxischen Giften verseucht. Wenn man nach einem Auslöser für diese Wirtschaftskrise sucht, so muss man es im Finanzsektor suchen, der speziell im Zeitraum zwischen 2003 und 2007 extrem mit Aufputschmitteln versorgt wurde. Also wird man versuchen, diesen Sektor zu marginalisieren. Das heißt, er muss auf eine angemessene Bedeutung heruntergebracht werden. Dieser Prozess hat zwar eingesetzt, aber es fehlt noch ein gutes Stück. Wird die Politik diesen Prozess beschleunigen bzw. vollenden? Wenn sie das tut – und das ist auch die Befürchtung des Marktes – dürften, die Aktienkurse großer Banken und Broker in den kommenden Wochen weiter leiden. Es ist nicht die Aufgabe der Politik, die Aktionäre zu retten, sagte schon Ex-Finanzminister Paulson sinngemäß.
Man sollte nur auf eines achten: Sobald radikale Maßnahmen verkündet werden, dürfte eine Aufwärtsbewegung an den Märkten beginnen. Solche Maßnahmen könnten sein: Die Zusammenlegung der Reste der US-Banken zu einer großen Bank, komplette Übernahme aller Banken durch den Staat, verbunden mit einer vernünftigen Exit-Strategie, Neuaufteilung der Marktlandschaft in nur noch einen großen Spieler pro Sektor (z.B. eine Großbank, eine Investmentbank, eine Hypothekenbank), Verkauf großer US-Banken ins Ausland. Eins ist klar: Eine Finanzsystemstruktur in der aktuellen Situation ist momentan vollkommen überflüssig.
Obama steht nicht nur vor einer Neuordnung der Bankenlandschaft, sondern auch vor einer Neuordnung der US-Wirtschaft (Stichwort Autos). Er und sein Team müssen in jedem Einzelfall entscheiden, was zu tun ist. Klar ist nur eins: Die Wirtschaft muss auf das Maß zurückgeschraubt werden, was aktuell von den Kunden getragen werden kann. Und das ist nicht viel.