Vulkane, die feuerspeiende Giganten, gehören zu den faszinierensten Naturphänomene unserer Erde überhaupt. Während sich wandelnde Eisberge bis zu 90% unter der Wasseroberfläche verbergen, präsentieren sich die majestätischen Vulkanberge meist in voller Pracht und Größe.
Von Hans-Jörg Müllenmeister
Einige von ihnen lauern noch ruhig atmend ungeformt in ihren Magma-Kammern, die bis zur Grenze des oberen Erdmantels in mehr als 40 Kilometer Tiefe reichen. Geduldig warten sie auf ihren Höllenauftritt auf der Erden-Bühne.
Die meisten Schichtvulkane finden sich an Subduktionszonen, etwa entlang des pazifischen Feuerrings, aber auch auf Island und im Mittelmeerraum. Berühmt-berüchtigte Vertreter sind: der Mount Helens in USA, der Fujian in Japan, der Pinatubo auf den Philippinen, der Vesuv in Italien, der Ätna auf Sizilien oder der Merapi auf Java – der aktivste aller Vulkane. Übrigens, der Kaiserstuhl in der oberrheinischen Tiefebene, verdankt seinen Ursprung einem Schichtvulkan im Tertiär.
Die schreckliche Seiten der Vulkane
Vulkane können den Tod bringen; sie zerstören Städte und können ganze Kulturen auslöschen. Deshalb zählen Vulkanausbrüche zu den schlimmsten Naturkatastrophen. In den letzten 500 Jahren starben etwa 200.000 Menschen durch die Folgen von Vulkanausbrüchen. Der Krakatau-Ausbruch von 1883 forderte zwar keine direkten Opfer, aber durch den Einsturz des Inselvulkans entstand eine 20 Meter hohe Flutwelle, in der 36.400 Küstenbewohner der benachbarten Inseln Java und Sumatra umkamen.
Der Donnerschlag dieser gewaltigen Explosion war noch in 5000 km Entfernung bis nach Australien zu hören. Asche ging über ein Gebiet von 830.000 Quadratkilometern nieder. Sie verteilte sich über mehr als 70% der Atmosphäre und absorbierte 20% der Sonneneinstrahlung. Die mittlere Jahrestemperatur sank gegen Ende für die Dauer von drei Jahren um 0,8°C. Durch die Wucht der Explosion entstand eine riesige fast 40 Meter hohe Flutwelle. Von der ehemals großen Vulkaninsel blieb nur Anak Krakatau, das „Kind des Krakatau“ , der Vulkanschlot selbst, erhalten.
Die nützliche Seiten der Vulkane
Vulkanische Energie. Unter idealen Bedingungen kann die immense Wärme von Vulkane genutzt werden, um daraus Elektrische Energie zu erzeugen (Geothermik): Naturdampfkraftwerke sind in der Lage große Mengen an Energie zu produzieren. Der Dampf schießt mit Überschallgeschwindigkeit unter ohrenbetäubendem Lärm aus den Bohrlöchern. Ein einziges Bohrloch kann bis zehn Megawatt liefern, was jährlich etwa 80 Gigawatt entspricht. Die aus Naturdampf der Geysire gewonnene elektrische Energie ist drei- bis viermal günstiger als die der Wasserkraftwerke, thermoelektrischen Anlagen oder Kernreaktoren. Ein Beispiel für ein solches Geothermie-Kraftwerk findet sich in Wairakei/Neuseeland.
Neben der industriellen Nutzung der Erdwärme haben die Maori, die Ureinwohner Neuseelands, seit über 2000 Jahre die Vulkanwärme für ihre traditionelle Hāngi-Speisen genutzt. In den geothermischen Regionen rund um Rotorua gibt es zahlreiche Möglichkeiten, an einer dieser einzigartigen, im natürlichen Wasserdampf gegarten Festmahlzeiten teilzunehmen. Diese Speisen werden traditionell in Flachsblätter gewickelt und mit heißen Steinen auf dem Grund eines gegrabenen Erdlochs platziert. Danach wird alles mit nassen Tüchern und einem Erdhaufen bedeckt, um die Hitze der Steine zu bewahren. Nach einigen Stunden Garzeit heißt es für uns Touristen: „Kia mākona“ – guten Appetit.
Eine ähnliche Kochkunst erlebte ich auf der Azoren-Insel São Miguel mit dem kulinarischen Eintopfgericht Cozido das Furnas. Der köstliche Eintopf gart mehrere Stunden lang in Löchern im geothermischen Boden bei Temperaturen von etwa 64°C bis 96°C. Hier sagt man mit Recht: „Bom apetite“.
Vulkanische fruchtbare Erde. Vulkane bieten den Unerschrockenen eine wertvolle Ressource: nährstoffreiche, fruchtbare Böden. Besonders eindrucksvoll konnten wir dies als Touristen rund um den Mount Bromo in Indonesien beobachten. Die Einheimischen haben unterhalb des Vulkans große Kohlfelder angelegt. Der 2.329 m hohe Strastovulkan auf der indonesischen Insel Java trägt den Name Bromo, abgeleitet vom hinduistischen Schöpfergott Brahma. Heute noch hat der Vulkan eine mythologische Bedeutung, wobei früher Kinder und heute Naturalien als Opfergaben dargebracht werden.
Vulkanstoffe
Lava. Wenn Magma, das glutflüssige Gestein des Erdinneren, aus dem Vulkan austritt, wird es Lava genannt. Sie tritt bei Vulkanausbrüchen mit Temperaturen bis 1.300 Grad Celsius an der Erdoberfläche aus. An der Oberfläche kühlt die Lava zuerst ab und es bildet sich aufgrund der Entgasung eine raue, blockartige Oberfläche. Je höher der Anteil an Kieselsäure, d.h. je sauer die Lava, desto zähflüssiger ist sie. Beim Abkühlungsprozess entstehen die typischen sechseckigen Basaltsäulen. Basalt ist das häufigste Vulkanitgestein und besitzt die höchste Verbreitung. Durch seine Verwitterungsbeständigkeit wird Basalt als Baustein geschätzt.
Tuff. Die bei der Effusion geförderten Lockergesteine setzen sich aus unterschiedlichen Gesteinsgrößen zusammen, etwa aus Asche, Lavafetzen und Gesteinstrümmer. Durch Rotieren während des Fluges nehmen die noch heißen Schmelzen rundliche, gedrehte oder spindlige Formen an. Die abgelagerten Auswürflinge und verfestigten Auswurfprodukte bezeichnet man als Tuffgestein.
Glutlawinen sind die gefährlichsten vulkanischen Phänomene: ein Gemisch aus Asche und vulkanischem Gas, das dichter als die Atmosphäre ist. Diese können sich mit einer Geschwindigkeit von mehr als 100 km/h hangabwärts bewegen und treten etwa bei der Hälfte aller Vulkanausbrüche auf. Am verheerendsten von allen auf der Erde vorkommenden Naturkatastrophen sind sogenannte Ignimbrite; es sind Ablagerungen von Gesteinslawinen, die bei einem Vulkanausbruch entstehen.
Sie werden auch als pyroklastische Ströme bezeichnet. Hier breiten sich Glutwolken mit Geschwindigkeiten bis zu über 500 km/h über Gebiete von mehreren hundert Kilometern Durchmesser aus. Die Glutwolken selbst sind so heiß, dass glutflüssige Partikel vom Himmel regnen und auf der Erdoberfläche zu einer durchgehenden Gesteinsdecke erstarren. Eine der schlimmsten Katastrophen dieser Art ereignete sich am 8. Mai 1902 beim Ausbruch des Mt. Pelée auf Martinique, als durch eine Glutwolke die 30.000 Einwohner der Stadt Saint-Pierre ums Leben kamen.
Gesteinsgläser
Ein bekanntes Vorkommen bildete sich auf der Insel Lipari auf Sizilien am Fuße des Monte Pilato. Das Vorkommen war heiß begehrt und machte Lipari zu einem bedeutenden Wirtschaftszentrum der Steinzeit. Mit Beginn der Eisenzeit verlor der Obsidian an Bedeutung und damit auch die Insel nördlich von Sizilien.
Bimsstein. Er entsteht bei gasreicher, zähflüssiger Lava unter schneller Abkühlung. Dieser besitzt ein Porenvolumen von bis zu 85%. Durch eine plötzliche Druckentlastung an der Erdoberfläche wandern die Gase aus und hinterlassen viele Hohlräume im Gestein. Dadurch schwimmt Bimsstein sogar auf dem Wasser.
Faszinierende Vulkanarten
Caldera-Vulkane. Bei starken Ausbrüchen kann der Berggipfel durch den ungeheuren Druck komplett weggesprengt werden. Den so entstandenen Kraterkessel bezeichnet man als Caldera. Interessanterweise kann eine Caldera auch durch den Einsturz der Magmenkammer entstehen. Man nimmt an, dass nach heftigen Ausbrüchen, bei denen riesige Mengen von Magma gefördert wurden, ein Hohlraum in der Magmakammer entsteht. Wenn diese der überlagernden Last nicht mehr standhält, entsteht die Caldera.
Vulkanite und ihre Auswirkungen. Vulkanite liefern aufgrund ihres Phosphor- und Kaligehalts sehr nährstoffreiche Böden, auf denen Fruchtbäume und Weinstöcke hervorragend gedeihen. Daher sind die unteren Hänge der Vulkane in gemäßigten und tropischen Klimazonen oft dicht bevölkert. Seit dem Altertum werden aus den durch Fumarolengase in Kaolin umgewandelten Vulkaniten Porzellanerde und Alaun gewonnen. Zinnober- und Antimon-Lagerstätten entstehen unter subvulkanischen Bedingungen aus magmatischen Restlösungen.
Die Fumarolen (vulkanischer Gasaustritt) fördern am Ijen täglich bis zu zehn Tonnen Schwefelgas. Durch ein spezielles wassergekühltes Rohrsystem kondensiert der Schwefel aus den Gasen, der unterhalb von 115°C fest wird. Minenarbeiter brechen diesen Schwefel mit Eisenstangen heraus und tragen ihn schulternd in Körben bis zur drei Kilometer entfernten Verladestation. Dort wird der Schwefel gewogen und verladen. Doch die Arbeitsbedingungen sind unmenschlich: Pro Ladung fördern die Schwefelarbeiter bis zu 70 kg Schwefel, für den sie lediglich einen Hungerlohn von 2,50 Euro erhalten.
Maximal zwei dieser Höllenlasten können sie pro Tag hinauftragen. Der Ijen ist in der Tat ein mordsgefährlicher Vulkan: Phreatische Eruptionen – dampfgetriebenen Explosionen aus dem Grund des Säuresees – haben bereits 1976 das Leben von 49 Schwefel-Arbeiter gefordert. Der Säuresee ist mit einem pH-Wert von 0,2 (wie Essigessenz) der sauerste Kratersee der Welt. Die ätzenden Dämpfe schädigen die Lunge der bedauernswerten Minenarbeiter und verursachen auch große Schäden an der Vegetation.
Rheniit ist das einzige bislang bekannte Rhenium-Mineral aus der Platin-Gruppe. Erstmals entdeckt wurde es 1992. Der Schichtvulkan Kudrjawy ist damit weltweit einzigartig aufgrund seiner stark Rhenium- und Indiumhaltigen Fumarolen.
„Die Natur ist unerbittlich und unveränderlich, und es ist gleichgültig, ob ihre verborgenen Gründe und Handlungsweisen dem Menschen verständlich sind oder nicht.“ – Galileo Galilei.