Glos geht, Guttenberg kommt. Welch ein Armutszeugnis für das politischeBewusstsein in diesem Lande. Aber bei allem Unverständnis bis hin zumZorn über den Dilettantismus im politischen Krisenmanagement derschwache Trost: Es kann nur besser werden.
Deutschland steckt mitten drin in der global wirkenden Wirtschaftskrise - und leistet sich ein parteipolitisches, von persönlichen Animositäten noch bestärktes Geschacher um seinen Wirtschaftsminister, als sei die Welt in bester Ordnung.
Welch ein Armutszeugnis für das politische Bewusstsein in diesem Lande. Aber bei allem Unverständnis bis hin zum Zorn über den Dilettantismus im politischen Krisenmanagement der schwache Trost: Es kann nur besser werden.
Saß im Berliner Ressort für Wirtschaft und Technologie bislang ein ausgelaugter, handlungsunfähiger und resignierender Minister, bekommt sein Nachfolger eine unverhoffte Chance zum großen Karrieresprung.
Dem müden Müllermeister Glos folgt ein international vernetzter Außen- und Sicherheitspolitiker, dessen berufliche Erfahrungen in der Wirtschaft sich auf die Zeit als Geschäftsführender Gesellschafter im Guttenbergschen Familienbetrieb vor dem Einzug in den Bundestag beschränken.
Natürlich hätte die Qualifizierung eine bessere sein können. Aber darauf kommt es bei Besetzungen von Ministerien bekanntlich eher selten an. Nicht allein Joschka Fischer ist durch Learning by Doing zu einem respektierten Außenminister gereift. Seiteneinsteiger wie Karl-Theodor zu Guttenberg können aber immer auch eine Bereicherung sein.
Die Hoffnung wächst, wenn der Kandidat, wie im Fall des neuen Ministers, international geprägt ist. Es ist zunehmend beängstigend, dass die weltweite Finanz- und Wirtschaftskrise, in der allen Beschönigungsversuchen zum Trotz längst auch Deutschland tief steckt, noch immer vorwiegend unter innenpolitischen Machtgesichtspunkten diskutiert und behandelt wird.
Das Konjunkturprogramm II ist dafür beispielhaft. Von der Abwrackprämie bis zu den Mini-Steuersenkungen ist es daran orientiert, kurzfristig Interessen der unterschiedlichen Wählerklientele von CDU, CSU und SPD zu befriedigen. In der gegenwärtigen Krise aber helfen keine kurzfristig angelegten Rezepte.
Nur noch langfristig wirkende, international angelegte und abgestimmte Strukturveränderungen helfen auf global vernetzten Finanz- und Wirtschaftsmärkten. Deutschland als Exportweltmeister kann und darf es nicht egal sein, wie sich die Wirtschaft in Asien, Amerika oder Afrika entwickelt.
Bricht sie dort ein, ist es auch mit unserem Boom im Export vorbei. Die Anzeichen dafür sind bereits unübersehbar. Die Antwort auf die gegenwärtig schwere Krise kann also nur eine internationale sein. Bundeskanzlerin Angela Merkel hat beim Davoser Weltwirtschaftsforum vor einigen Tagen eine beachtenswerte gegeben: die soziale Marktwirtschaft als weltweites Modell.
Das setzt schwierige Verhandlungen in diversen internationalen Gremien und viel Überzeugungsarbeit voraus. Deutschland darf sich davor nicht scheuen. Denn mit allein an nationalen Interessen orientierten Rezepten wird kein Land herauskommen aus der Krise.
Da nun kann bei allem blamablen Umgang mit dem Ministerwechsel Hoffnung keimen: Auf dem internationalen Parkett verspricht einem weltgewandten zu Guttenberg mehr Erfolg beschieden zu sein als einem lustlosen Müllermeister.
Berliner Morgenpost