In Österreich machen derzeit Gerüchte die Runde, dass es die Alpenrepublik im Rahmen der Finanzkrise viel härter erwischen könnte, als manch einer denkt.
"Droht Republik Österreich der Bankrott? Osteuropa zieht Österreich mit nach unten" titelt das österreichische Magazin "Profil". Hinter den Befürchtungen steckt die Tatsache, dass die Banken der Alpenrepublik bis zur Halskrause (und darüber hinaus) voll mit Krediten im osteuropäischen Raum stecken.
Doch im Zuge der Finanzkrise fällt es diesen Staaten immer schwerer, ihren Verpflichtungen nachzukommen. Die Währungen stürzen ins Bodenlose, neue Kredite sind praktisch unmöglich. Besonders betroffen sind die Banken, welche praktisch in allen osteuropäischen Ländern am Abgrund stehen.
Doch gerade mit diesen Probleminstituten pflegten Wiener Geldhäuser engste Beziehungen. Und diese Beziehungen bestanden in der Regel im Ausleihen von mehrstelligen Milliardenbeträgen - in Euro. Vor dem Hintergrund des Verfalls der Landeswährungen sind aber diese Kredite kaum noch rückzahlbar, geschweige denn, die Zinslast aufbringbar.
Die Hoffnungen Österreichs stützen sich nun auf EU-Hilfsmaßnahmen für den gesamten osteuropäsichen Raum. Doch ob dieser überhaupt von der EU gestemmt werden kann, steht sicherlich in den Sternen und wird von Experten bezweifelt.
Unterdessen druckt auch das Magazin "Profil" trotz des reisserischen Titels Durchhalteparolen unter dem Motto: "Eigentlich ist es nicht vorstellbar, dass Österreich pleite geht." - Fakt ist jedoch, dass Wien keinesfalls für die ausstehen den Kredite gerade stehen kann. Die heraufziehenden Gefahren äussern sich derzeit auch in immer größeren Kreditspreads zu deutschen Bunds.
Sollte sich die Krise weiter zuspitzen, dann hat Österreich auf jeden Fall ein Problem. Und die EU hängt damit mitten drin im Schlamassel der gerade am meisten bedrohten, osteuropäischen Staaten und Banken. Damit könnte ein Dominoeffekt von bisher völlig unerwarteter Seite ins Rollen gebracht werden.
Ähnlich äussert sich auch der "Telegraph"(UK). Die Zeitung spekuliert offen darüber, dass ein Zusammenbruch Osteuropas nicht nur Österreich, sondern die gesamte EU in den Bankrott treiben könnte - und damit eine aktute Gefahr für die Weltwirtschaft sei. Ohne Hilfe für den Osten, so der Telegraph, drohe ein Dominoeffekt, der zum globalen "meltdown" der Weltwirtschaft führen könne.
In diesem Zusammenhang wird auch auf die brandgefährliche Situation Österreichs hingewiesen - ein Land mit den engsten wirtschaftlichen Beziehungen nach Osteuropa innerhalb der EU.
"Profil" berichtet:
"Tatsächlich haben die österreichischen Banken überproportional zu ihrerGröße in Zentral- und Osteuropa expandiert. Die Bank fürInternationalen Zahlungsausgleich (BIZ) veröffentlichte, dass dieösterreichischen Banken in der Region knapp 230 Milliarden Euro anKreditvolumen vergeben haben. Rechnet man die Bank Austria hinzu, diein der Statistik aufgrund der italienischen Mutter UniCredit nichteingerechnet ist, schätzen Experten das Volumen auf rund 300 MilliardenEuro. Doch bei Weitem nicht alles davon wird schlagend werden. Dennderzeit werden undifferenziert alle osteuropäischen Länder als Risikoeingestuft. „Dabei wird sicherlich übertrieben, denn ein Osteuropa gibtes nicht mehr“, sagt Deutsche-Bank-Analyst Gunter Deuber. Man müsse dieLänder einzeln betrachten, und da gebe es einige durchaus stabile:Tschechien und Polen etwa, auch Slowenien und die Slowakei sind keineWackelkandidaten.
Veritables Drohpotenzial baut sichallerdings in der Ukraine auf. Den Staatsbankrott schließt dort niemandmehr aus – inklusive des ukrainischen Präsidenten selbst. AlsNicht-Mitglied kann das Land nicht auf EU-Hilfe zählen. Bleibt dieHoffnung auf bilaterale russische Hilfe – möglicherweise teuer bezahltmit Anteilen am kostbaren Pipelinenetz oder gar der Halbinsel Krim, aufdie Russland schon lange schielt. Wenn dieser Notkredit aus Moskaunicht zustande kommt, wäre ein ukrainischer Staatsbankrott ein Fiaskofür die im Land investierten Banken, vor allem Raiffeisen und BankAustria.
Sorgenkinder aus österreichischer Sicht sind auchBulgarien, wo Bank Austria und Raiffeisen International (RI) starkengagiert sind, und Rumänien, wo die Erste Bank eine großeTochtergesellschaft hat. Beide Länder haben über die vergangenen Jahreenorme Leistungsbilanzdefizite aufgehäuft – denen wenig Wohlstandgegenübersteht. Noch ist die Zahlungsmoral in den osteuropäischenStaaten groß, doch Experten rechnen im kommenden Jahr mindestens miteiner Verdopplung der Ausfälle, weil die Kreditnehmer kaum Reservenhaben und von Arbeitslosigkeit bedroht sind. Verschärfend kommt hinzu,dass die Banken nur allzu gern Fremdwährungskredite vergeben haben, diedurch die fallenden lokalen Währungen kaum zurückbezahlt werden können.„In einigen Ländern könnte die Ausfallsrate bei den Krediten sogar mehrals zehn Prozent betragen“, so Analyst Deuber. Im Querschnitt über dieLänder ergibt sich bei durchschnittlichen zehn Prozent einAusfallspotenzial von 30 Milliarden. Doch das ist nur ein groberNäherungswert – in einigen Ländern dürfte die Quote deutlich darunterliegen.
Würden die zehn Prozent Kreditausfall tatsächlicheintreten, hätten die Banken enorme Probleme. Ein Rechenbeispiel: Dierumänische Tochter der Erste Bank, BCR, wies 2007 (neuere Zahlen gibtes nicht) ein Eigenkapital von umgerechnet rund einer Milliarde Euroaus. Mehr als acht Milliarden Euro sind in Rumänien an Kreditenausgegeben worden. Wenn zehn Prozent dieses Volumens uneinbringlichwürden, so würde das Eigenkapital der Bank auf 200 Millionen Euroschmelzen. Die rumänische Tochter bräuchte also dringend frischesKapital. Der einfachste Weg wäre es, bei der zu knapp 70 Prozentbeteiligten Konzernmutter in Österreich um Geld anzufragen.
Gelingtes dieser nicht, das Kapital dafür aufzustellen, so bedeutet daskeineswegs die Pleite der Erste Bank – sondern lediglich die derrumänischen Tochter. Auf die Bilanz der Muttergesellschaft würde sichdas allerdings durchschlagen, indem deren Eigenkapital um den Wert derTochtergesellschaft geschmälert würde. Wie hoch dieser in den Büchernsteht, ist ein gut gehütetes Geheimnis.
Ähnlich könnte es derRaiffeisen International in der Ukraine gehen. Wenn auch dort zehnProzent der Kredite umfielen, wäre die Bank in ernster Bedrängnis.Müsste sie 600 Millionen abschreiben, sähe das Eigenkapital von rundeiner Milliarde Euro extrem dünn aus. Den Bankrott einerTochtergesellschaft könnte die RI möglicherweise ohne fremde Hilfeüberleben – nicht aber den von mehreren. Doch dazu wird es nichtkommen.
Die RI hat die Muttergesellschaft RZB im Rücken, diegegebenenfalls mit Eigenkapital einspringen könnte. Und die hat eingroßes Interesse daran: Denn die eigenständige Tochter RI könnte zwarpleitegehen, würde aber ein großes Loch in der RZB-Bilanzhinterlassen. Pleitegehen können die Mutterbanken jedoch auch in einemderartigen Worst-Case-Szenario nicht – erstens, weil sie zunächst nurdie jeweilige Tochterfirma bankrottgehen lassen könnten, und zweitens,weil der österreichische Staat im Ernstfall einspringen würde. Er kannes sich nicht leisten, auch nur eine Bank nicht zu retten." (Ende Zitat "Profil")
Quellen: Profil--->Droht Republik Österreich der Bankrott? Osteuropa zieht Österreich ... Telegraph: --->Failure to save East Europe will lead to worldwide meltdown ...