Dass sich der Staat krimineller Methoden bedient, um Steuerflüchtigen nachzustellen, das gehört mittlerweile zum Alltag. Der "Bürger" hat sogar ein gewisses Verständnis dafür, dass Behörden Hehlerware ankaufen. Im Fall Lichtenstein sprach Steinbrück zynisch von einem "guten Investment". Das Strafrecht gilt eben nicht für denjenigen, der es gemacht hat: Der Staat.
Auf eine äussert pfiffige Einnahmequelle sind allerdings jetzt die Finanzämter gestossen. Sie verlangen Steuern auf vermeintliche Gewinne auch dann, wenn der Anleger auf einen Betrüger herein gefallen ist und am Ende alles verliert.
Logik des Fiskus: Zwischendurch hat er ja schließlich Gewinne kassiert - und diese müssen ordentlich versteuert werden.
So ist es steuerliche Praxis, indem man Opfern von Anlagebetrügern fürnur auf dem Papier existierende Scheingewinne auch noch Steuernabknüpft. Begründung: Das betrügerische System sei zum Zeitpunkt der Gewinne noch gar nicht aufgeflogen, die Gesellschaft müsse somit als zahlungsfähig angesehen werden. Das ist deutsche Steuer-Logik, welche auch noch höchstrichterlich abgesegnet ist.
So berichtete Plusminus (ARD) über den Fall der Firma Commodity Trading Service GmbH (CTS) aus dem saarländischenSaarlouis. Rund 200 Millionen wurden Anfang 2000 eingesammelt und angeblich sehr profitabelangelegt, vor allem bei Warentermingeschäften. InWirklichkeit war alles nur ein Schneeball-System, das 2001zusammenbrach. Der Firmengründer wurde zu acht Jahren Haft verurteiltund beging später Selbstmord. Die Mehrzahl der Anleger gingweitestgehend leer aus.
Doch die Finanzämter forderten Steuern auf die fiktiven Gewinne.Mehrere Gerichte widersprachen dem in erster Instanz. Aber im November2008 entschied der Bundesfinanzhof zum Entsetzen der Anleger, dass dieSteuern doch gezahlt werden müssen.
Der Fall CTS ist im Prinzip ein Vorläufer zum Fall Madoff, nur die Dimensionen sind kleiner. Rund 3000 Anleger hatten der CTS ihr Geld anvertraut. Wirtschaftsprüferund Aufsichtsbehörden hatten über Jahre keine Beanstandungen. Immerwieder trafen sich die Gläubiger in den vergangenen Jahren zuVersammlungen. Aber es gab nichts mehr zu holen.
Das hält das Finanzamt jedoch nicht davon ab, bei den betroffenen Anlegern Steuern für die fiktiven Gewinne in den Jahren zuvor zu kassieren. Die Finanzämter hattendie Steuerforderungen zwar vorläufig ausgesetzt. Doch nach dem Urteildes Bundesfinanzhofes müssen sie das Geld spätestens im Herbsteintreiben. Die Anleger wollen vor das Bundesverfassungsgericht ziehen.Doch bis das entscheidet, dürften Jahre vergehen.
"Die Finanzverwaltung sagt zwar, wir werden keinen um seine Existenzbringen, aber damit ist natürlich eigentlich nur das Existenzminimumgemeint." - so ein Rechtsanwalt. Doch für viele Betroffene bedeute dies einen regelrechten Absturzins Bodenlose.
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