Lieber Investor,
wenn Sie ein Trader, vielleicht sogar ein Daytrader sind, dann ist die Frage, ob der Goldpreis heute höher oder tiefer als gestern notiert, eine sehr entscheidende für Sie, denn sie bestimmt, ob Sie aktiv oder nicht aktiv werden, und wenn Sie handeln, ob Sie auf steigende oder auf fallende Kurse setzen werden.
Sind Sie hingegen ein langfristig orientierter Goldanleger, dann wird der Preis für Sie, auch wenn Sie kaufen wollen, nur noch eine nachgeordnete Rolle spielen. Er ist immer noch wichtig, aber viel bedeutsamer ist die Frage, ob die Gründe, die in der Vergangenheit für den Kauf der Edelmetalle gesprochen haben, auch heute noch gegeben sind. Sind sie es, macht es Sinn, Gold und Silber zu kaufen. Sind sogar neue Gründe hinzugekommen, macht es eventuell sogar Sinn, zu jedem Preis zu kaufen.
Lassen Sie uns deshalb heute einen Blick auf einige Entwicklungen der letzten Monate werfen, die in ihrer Gesamtheit ein kritisches Bild der augenblicklichen Lage zeichnen und dafür sprechen, auch weiterhin einen Teil seines Vermögens in den Edelmetallen Gold und Silber anzulegen.
Die nachfolgenden Gründe sind alleine und für sich genommen noch kein Grund, um Gold und Silber zu kaufen. Im Zusammenspiel mit der Instabilität unseres weltweiten Finanzsystems stellen sie jedoch zumindest einen weiteren mahnenden Zeigefinger dar, den wir als Anleger nicht übersehen sollte.
Rückläufige Kreditnachfrage
Unser modernes Fiat Money-System ist darauf angewiesen, dass beständig neue Kredite nachgefragt werden. Fehlt diese Nachfrage, gerät nicht nur die Wirtschaft zunehmend in Schwierigkeiten. Aus diesem Grund sind die Zahlen zur aktuellen Kreditnachfrage ein feiner Indikator nicht nur für die kurzfristige wirtschaftliche Entwicklung, sondern auch für die Gesundheit des gesamten Systems.
Die Börsen haben in den ersten zehn Wochen des Jahres den Anlegern größtenteils Kursgewinne beschert. Der Dow Jones hat die runde Marke von 20.000 Punkten weit hinter sich gelassen und an vielen Tagen neue Allzeithochs ausgebildet. Der DAX hinkt dieser Entwicklung zwar deutlich hinterher, kämpfte sich aber ebenfalls in deutlich höhere Regionen als noch zur Jahreswende vor.
Wenn die Börse, an der wie wir alle wissen nicht die Aktien, sondern eigentlich nur die Zukunft dieser Aktien gehandelt wird, die wirtschaftliche Entwicklung vorwegnimmt, dann sollte es nach diesem Anstieg auch in der Realwirtschaft in den nächsten Wochen und Monaten deutlich aufwärtsgehen.
Niederschlagen sollte sich diese Entwicklung in einer gesteigerten Kreditnachfrage, denn wenn es mit der Wirtschaft allgemein aufwärtsgeht, steigen auch die Konsum- bzw. die Investitionsfreudigkeit. Was zu einer höheren Nachfrage nach Krediten führen sollte.
Diese sehen wir allerdings nicht. Die Nachfrage nach Krediten in den USA ist in den letzten drei Monaten gesunken. Diese Beobachtung gilt sowohl für die mit Kreditkarten aufgenommenen Schulden als auch für die Auto- und Immobilienkredite. Auch die Unternehmenskredite konnten sich von dieser Entwicklung nicht abkoppeln.
Volle Lager, weniger Arbeitsstunden
Erstmals seit der Finanzkrise sinkt weltweit wieder die Beschäftigung. Es gibt weniger Arbeit, was sich in mehr Entlassungen ebenso widerspiegelt wie in einer insgesamt geringeren Anzahl von geleisteten Arbeitsstunden. Dass die Beschäftigung gerade in den USA dennoch steigt, ist primär darauf zurückzuführen, dass viele der neuen Jobs nur noch Teilzeit- und Minijobs darstellen.
Das oft gelobte Beschäftigungswunder ist vor diesem Hintergrund nur ein statistisches Wunder, denn obwohl Millionen neuer Arbeitsplätze geschaffen wurden, sinkt in den USA nun schon seit zwei Jahren die Gesamtzahl der geleisteten Arbeitsstunden. Oder anders ausgedrückt: Wer früher in einer Firma 40 Stunden pro Woche gearbeitet hat, der pendelt jetzt zwischen zwei Unternehmen, für die er in Teilzeit jeweils nur 15 Stunden pro Woche tätig ist.
In den Medien und in der Politik nennt man das großspurig Aufschwung und feiert sich selbst. Aber unten, dort wo das Leben konkret ist, fehlt am Monatsende zunehmend Geld, was sich früher oder später in einem reduzierten Ausgabeverhalten und einer geringeren Nachfrage nach neuen Krediten niederschlagen wird.
Die nachlassende Kreditnachfrage hatte ich schon erwähnt. Das am Monatsende bei vielen fehlende Geld erkennt man an anderer Stelle. Die Privatinsolvenzanträge der US-Verbraucher stiegen in den Monaten Dezember und Januar gegenüber dem Vorjahr um fünf Prozent und nahmen damit erstmals seit 2010 zwei Monate in Folge zu.
Doch nicht nur ganz unten in der sozialen Hierarchie wird deutlich weniger gekauft. Auch die Mittelschicht in den USA hält sich vornehm zurück. Die Lagerbestände der amerikanischen Automobilkonzerne haben im Januar den höchsten Stand seit elf Jahren erreicht. Gleichzeitig ist das Verhältnis zwischen den Lagerbeständen und dem Umsatz auf den höchsten Wert seit der Finanzkrise gestiegen.
Zu allem Überfluss steigen nun auch noch die Zinsen
Volle Lager sind derzeit nicht nur ein Problem der US-Industrie. Auch im weltweit wichtigsten Automobilmarkt China stottern die Absatzmotoren. Der chinesische Vehicle Inventory Alert Index, ein Maß für die Lagerbestände der Automobilindustrie im Reich der Mitte, verzeichnete im Januar ebenfalls den größten jemals gemessenen Anstieg innerhalb eines Monats.
Die nachlassende wirtschaftliche Aktivität spüren auch bereits die Staaten. So gingen in den USA auf Bundesebene die Einnahmen der Regierung durch die Einkommens- und Verbrauchssteuern sowohl im Dezember als auch im Januar zurück. Für Donald Trump und seine Mannschaft kann die bedrohlich näher rückende Schuldenobergrenze der Vereinigten Staaten kaum zu einem schlechteren Zeitpunkt auf die politische Agenda rücken.
So angenehm uns Anlegern Kursgewinne im Allgemeinen sind, über denen des Jahres 2017 liegt ein dunkler Schatten. Sind sie nicht nachhaltig, werden sie schnell wieder Geschichte sein. In diesem Fall werden die kommenden Börsenmonate nicht so erfreulich sein, wie die beiden hinter uns liegenden es waren.
Vor die Wahl gestellt weiter unverdrossen in fundamental überbewertete Aktien oder in die momentan fair gepreisten Edelmetalle Gold und Silber zu investieren, könnte es daher nicht nur für die überzeugten Goldbugs, sondern für jeden Anleger sinnvoll sein, einen größeren Teil seiner Investmentsumme in einem Bereich anzulegen, der kein integraler Bestandteil unseres Papiergeldsystems ist.
Vor zeitweiligen Kursrückgängen ist man auch dort nicht vollkommen sicher. Aber einen wesentlichen Vorteil haben Gold und Silber: Sie stellen keine Forderungen dar und können daher niemals ausfallen und mit einem wachsenden Gold- und Silberlager schläft sich als Anleger wesentlich ruhiger als mit Automobilaktien im Depot, bei denen die Gewinne schmelzen und die Lager der noch nicht verkauften Neufahrzeuge beständig wachsen.