Nur wenige haben diesen ironischen Rat so ernst genommen wie diedeutsche Bundesregierung mit ihrer Abwrackprämie. Menschen 2.500 Eurodafür zu bezahlen, dass sie ein altes Auto vernichten, damit sieanschließend ein neues kaufen, ist so ziemlich dasselbe wie dasVerbuddeln und Wiederausgraben der Keynes'schen Flaschen. Neun Jahrealte Autos deutscher Premium-Hersteller sind noch lange keineSchrottkisten. Ein unfallfreier BMW oder Mercedes wird auch schon mal20 Jahre gefahren, ein VW Golf schafft es häufig bis zum Alter von 15Jahren. Die Motoren der Premium-Hersteller halten 300.000 Kilometer undmehr, sind aber bei einer durchschnittlichen Jahresleistung von 20.000Kilometern nach neun Jahren erst 180.000 Kilometer gelaufen. Zudem sinddie für die Karosserie verwendeten Bleche seit den Achtzigerjahrenverzinkt, so dass der Rost kein Thema mehr ist. Manche Hersteller gebensogar eine 30-jährige Durchrostungsgarantie. Kurzum: Neun Jahre alteAutos zu verschrotten, macht ökonomisch keinerlei Sinn.
Seine Gebrauchtwagen verkaufte Deutschland bislang im großen Stil nachAfrika, Osteuropa und Zentralasien, wo es von alten deutschen Autos nurso wimmelt. Dank ihrer robusten Bauart bewähren sich die deutschenKarossen auf den dortigen Buckelpisten bestens. Im Jahr 2006exportierte Deutschland 517.000 Gebrauchtautos und erlöste dafür etwasechs Milliarden Euro. Bis zu 1,5 Milliarden Euro will der Staat nundafür zahlen, einen Teil dieses Exports auf Schrottplätze umzulenken.Welch abenteuerliche Wegwerflogik!
Aber sprechen nicht wenigstens ökologische Argumente für dieAbwrackprämie der Regierung? Die "Süddeutsche Zeitung" meldete jüngstin großer Aufmachung auf ihrer Titelseite, Experten hätten errechnet,die Abwrackprämie diene dem Umweltschutz, weil dadurch der Ersatz alterSpritschlucker durch moderne Autos mit einem niedrigeren Verbrauchgefördert wird. Das gelte selbst, wenn man berücksichtige, dass dieProduktion eines Golf 25.000 Kilowattstunden und die Produktion einesOberklassewagens 50.000 Kilowattstunden an Energie koste.
Rechnen wir einmal nach. Ein neuer Golf VI mit einem Benzinmotor mit1,4 Litern Hubraum verbraucht 6,4 Liter Benzin auf 100 Kilometer. Beieiner Jahresfahrleistung von 12.000 Kilometern sind das 768 LiterBenzin pro Jahr, was bedeutet, dass 1.790 Kilogramm CO2 durch denAuspuff strömen. Auf der Basis der 25.000 Kilowattstunden Energie, diefür die Produktion verwendet werden, kommt man bei einer plausiblenAufteilung in Strom und Brennstoffe (50 Prozent Strom aus dem deutschenErzeugungsmix mit 40 Prozent Wirkungsgrad sowie 50 Prozent Brennstoffe,die mit Verlusten von fünf Prozent bereitgestellt werden) zu einemCO2-Ausstoß für die Produktion von 10.790 Kilogramm oder 1.199Kilogramm pro Jahr - vorausgesetzt der Neuwagen läuft auch neun Jahre.
Umgerechnet auf das einzelne Lebensjahr werden damit durch dieProduktion 67 Prozent dessen an CO2 ausgestoßen, was der neue Motor imlaufenden Verkehr emittiert. Ersetzt man nun ein altes Auto durch denneuen Golf, so hilft das der Umwelt genau dann, wenn der Spritverbrauchdes alten Autos um mehr als 67 Prozent über dem Spritverbrauch desneuen Golf lag. Das mag im Einzelfall so sein, wenn der neue Golf einSprit schluckendes Modell der Oberklasse ersetzt. Beim Ersatz einesAutos ähnlicher Größenordnung kann die Einsparung indes nicht zustandekommen, denn nirgends gab und gibt es Einspareffekte für denSpritverbrauch in der notwendigen Größenordnung.
Beim Golf selbst gab es überhaupt keine Einsparung. Der vor zehn Jahrenproduzierte Golf IV mit 1,4 Litern Hubraum verbrauchte die gleichen 6,4Liter Benzin je 100 Kilometer wie ein nagelneuer Golf VI mit demselbenHubraum. Der Effizienzgewinn des Motors ist nämlich in ein höheresGewicht statt einen niedrigeren Verbrauch umgesetzt worden. Der Ersatzdes alten Golf durch einen neuen bedeutet folglich einen Zuwachs desCO2-Ausstoßes um etwa zwei Drittel.
Man kann die Rechnung fast nach Belieben variieren, und doch kommtnichts anderes heraus. Selbst wenn die jährliche Fahrleistung mit20.000 Kilometern und die Lebensdauer des Neuwagens mit 15 Jahrenangesetzt wird, liegt der kritische Prozentsatz für den Mehrverbrauchdes Altwagens gegenüber dem Golf VI immer noch bei 24 Prozent. BeiFahrzeugen gleicher Klasse dürfte auch dieser Prozentsatz in denseltensten Fällen erreicht werden. Noch viel deutlicher wird dieRechnung bei den Oberklassewagen. Hier lohnt sich der Ersatz einesalten durch ein neues Auto erst recht nicht, weil der Energieverbrauchbei der Produktion im Verhältnis zum Spritverbrauch dort eher nochhöher ist als bei kleinen Fahrzeugen.
Wie man es auch dreht und wendet: Bei allen auch nur halbwegsplausiblen Konstellationen steigt der CO2-Ausstoß, wenn man ein altesAuto abwrackt und durch ein neues einer ähnlichen Größenklasse ersetzt.Auch unter Umweltgesichtspunkten sollten wir also nicht unsere Altautosabwracken - sondern den entsprechenden Teil des Konjunkturpakets.