Lieber Investor,
Als in Westeuropa auf Wiesen und Feldern schon überall erhöhte Cäsiumwerte gemessen wurden, stritt die sowjetische Führung noch immer ab, dass es überhaupt ein Problem in einem ihrer Atomkraftwerke gegeben hätte. Kurze Zeit später musste eine ganz Stadt Hals über Kopf umgesiedelt werden, um die Bevölkerung vor der Strahlenbelastung zu schützen.
Ähnlich lagen die Dinge im Februar 2017 in Kalifornien. Ein möglicher Bruch des vom vielen Regen bis zum Rand gefüllten Orovill-Staudamms wurde vom Betreiber und den Behörden lange Zeit ausgeschlossen. Man beruhigte die Menschen mit dem Hinweis, dass man die Lage im Griff hätte, bis jene Nachrichten über die Sender und Handys gingen, mit denen die betroffene Bevölkerung zum sofortigen Verlassen ihrer Häuser aufgefordert wurde. Anschließend war das Chaos perfekt und alle, die fliehen mussten, konnten es kaum tun, weil die Straßen völlig verstopft waren.
Das Muster ist immer wieder das gleiche. Solange es geht, wird der Bevölkerung Sand in die Augen gestreut und eine unangenehme Wahrheit verheimlicht. Erst wenn es sich nicht mehr vermeiden lässt, kommt die bittere Wahrheit an Licht. Aber dann ist es in vielen Fällen schon zu spät, um noch angemessen zu reagieren.
Auch in Wirtschaftsfragen sind wir durch Politiker und Wissenschaftler einer ähnlichen, lang anhaltenden Desinformationskampagne ausgesetzt. Durch ständige Wiederholung werden uns Glaubenssätze in die Köpfe gepflanzt, die zwar vollkommener Blödsinn sind, aber die so schön und angenehm klingen, dass sie immer wieder gerne geglaubt werden.
Endloses Wachstum ist unrealistisch
Wir brauchen mehr oder ein stärkeres Wachstum! Forderungen wie diese, werden gerade in Wahlkampfzeiten gerne erhoben. Mit ihnen wird suggeriert, dass ein endloses Wachstum erstens möglich und zweitens auch erstrebenswert sei. Die erste Annahme ist definitiv falsch und die zweite zumindest diskussionswürdig.
Bleiben wir jedoch nur bei der ersten Annahme, dass das wirtschaftliche Wachstum zumindest im Prinzip unbegrenzt sei. Wer diese These vertritt, der muss sich leider vorwerfen lassen, dass der Wunsch Vater des Gedankens war, denn unsere Erde ist anders als das Universum begrenzt. Der uns zur Verfügung stehende Raum ist ebenso begrenzt wie die Erdmasse. Damit sind auch die in ihr enthaltenen Rohstoffe begrenzt.
Wirtschaftliches Wachstum setzt aber zwangsläufig einen höheren Verbrauch von Rohstoffen voraus. Solange die Zahl der Menschen vergleichsweise gering und Menge der verfügbaren Ressourcen relativ groß war, stand einem wirtschaftlichen Wachstum nichts im Wege. Auch ein dauerhaftes Wachstum war möglich.
Inzwischen sind aber bei vielen Rohstoffen die leicht zugänglichen Quellen verbraucht und auch die Gesamtmenge der noch vorhandenen Rohstoffe wird zunehmend zu einem Problem. Soll unsere Wirtschaft weiter beständig wachsen, müssen wir wollen, dass in kürzerer Zeit mehr Ressourcen verbraucht werden. Das wird noch eine gewisse Zeit lang gutgehen, doch eines Tages werden auch die größten Wachstumsbefürworter einsehen müssen, dass mangels verfügbarer Rohstoffe auch das Wachstum selbst endlich ist.
Es ist deshalb die Frage, ob wir wirklich mehr Wachstum benötigen, um unsere Welt lebenswerter und attraktiver zu machen. Vielleicht brauchen wir statt mehr Wachstum auch einfach nur mehr Gerechtigkeit. Aber das ist eine andere Frage, die sich gewisse mächtige, reiche und entsprechend einflussreiche Kreise aus gut nachvollziehbaren Gründen nur höchst ungern stellen. Wir sollten uns an diesem Unmut aber nicht stören und die Frage trotzdem immer wieder mit allem Nachdruck stellen.