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Die Inflation wird uns noch lange erhalten bleiben (Teil 2)

Lieber Investor,

die aktuelle Geldpolitik der Europäischen Zentralbank bringt nach und nach alle drei Effekte zum Tragen. Zunächst wurde der Ausgleich nicht vorgenommen. Neues Geld wurde in großer Menge in den Wirtschaftskreislauf eingeführt, während die Zinsen immer weiter sanken. Von Ausgleich kann an dieser Stelle überhaupt keine Rede sein.

Nun werden die Zinsen vermutlich langsam wieder steigen, auch wenn die EZB dies dem Markt noch nicht so deutlich kommuniziert. Weil die Banken ihr Geschäftsmodell verlieren, ist eine Rückkehr zu höheren Nominalzinsen aber unausweichlich. Sie wird deshalb kommen, ja kommen müssen, früher oder später.

Vermutlich wird der Akzent wieder auf dem Wort später liegen. Dies würde erneut die Schuldner gegenüber den Gläubigern begünstigen, denn während die Preise für Konsum-, Gebrauchs- und Bestandsgüter bereits steigen, werden die Zinsen nur sehr zögerlich angehoben. Weil die reale Rendite, also die Differenz zwischen dem gezahlten Zins und der Inflation negativ ist, verlieren die Sparer fortlaufend Geld. Es wird von ihnen umgeschichtet in das Lager der Schuldner.

Nebelkerzen und Verschleierung

Das Spiel funktioniert umso besser und reibungsloser, je ahnungsloser die Sparer sind. Ist ihnen nicht bewusst, wie viel Kaufkraft sie verlieren, und dass Vermögen von ihnen zu anderen umgeschichtet wird, hält die europäische Schuldenpyramide noch etwas länger durch. Fatal wäre es, wenn die Bevölkerung den Betrug schnell bemerkt, und ihm mit massiven Forderungen nach hohen Lohnsteigerungen und viel höheren Zinsen entgegentritt.

Es wird in diesem Zusammenhang entscheidend sein, auf die Argumente zu achten, die vorgebracht werden, wenn die Inflationsraten das Inflationsziel der EZB von zwei Prozent dauerhaft überschreiten. Welche Story wird man uns dann erzählen und welche „neue“ Wahrheit auftischen wollen?

Die gestiegenen Inflationsraten könnten als „vorübergehende Effekte“ beschrieben und beispielsweise auf die gestiegenen Energiepreise oder den gesunkenen Außenwert des Euros zurückgeführt werden. Entsprechende Berichte und Kommentare waren in den ersten Monaten dieses Jahres schon zu lesen und sie alle folgten dem Ziel, die aufkommende Unruhe unter den Sparern schon im Keim zu ersticken.

Gerade der gesunkene Außenwert des Euros ist aber eine Erklärung, die in die richtige Richtung weist. Auch er ist kein Naturereignis, sondern alleiniger Ausfluss der Politik der Europäischen Zentralbank. Sie hat unter Mario Draghis Führung den Außenwert der Gemeinschaftswährung bewusst herabgesetzt, um den taumelnden Schuldnern der Eurozone unter die Arme zu greifen.

Je mehr über die Inflation geredet wird, desto besser

Augenblicklich funktioniert das Experiment noch. Dank niedriger Zinsen, moderater Inflation und einer kreditfinanzierten Scheinblüte gelingt es den Problemschuldnern noch, ihren Kopf über Wasser zu halten. Den Preis für dieses Überleben zahlen die Sparer.

Gerät die Inflation jedoch in den nächsten Jahren außer Kontrolle und das meint jetzt keine Hyperinflation mit astronomischen Zahlen, sondern einen Kaufkraftverlust, der dauerhaft über dem Inflationsziel von zwei Prozent liegt, ohne dass man eine plausible Erklärung dafür beibringen kann, droht eine gefährliche Abwärtsspirale, die, wie die Währungsgeschichte zeigt, im Extremfall den Währungswert völlig ruinieren kann, weil sie das Vertrauen in die Währung von innen aushöhlt und zerstört.

Damit die Sparer, insbesondere jene, die sich für Wirtschaftsfragen nur eher am Rande interessieren, von dieser Entwicklung nicht unbemerkt überrollt werden, wäre es wünschenswert, wenn das leidige Thema Inflation uns nicht nur vorübergehend, sondern dauerhaft erhalten bliebe, zumindest in den Medien.

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