Liebe Leser,
der deutsche IT-Mittelstand moniert, dass die politischen Entscheidungsträger ihm zu wenig Wertschätzung entgegenbringen. Dies geht aus einer jüngst veröffentlichten Pressemeldung des Bundesverbandes (BITMi) hervor. Der Verband fordert deshalb unter anderem ein eigenes „Digital-Bundesministerium“.
Digitalisierung und „Industrie 4.0“ sind ja derzeit in aller Munde. Deshalb sieht Verbandspräsident Oliver Grün dem deutschen IT-Mittelstand eine „wichtige Rolle als Schrittmacher der Digitalisierung“ zukommen: „Er stellt nicht nur die meisten IT-Arbeitsplätze und IT-Innovationen in Deutschland, sondern kann in einer Doppelrolle auch Multiplikator der Digitalisierung bei seinen Kunden, dem Anwender-Mittelstand, sein. Der IT-Mittelstand muss endlich als eigenständige Wirtschafts- und Innovationskraft erkannt und gefördert werden.“
Grundschulfach und Ausbau des Breitbandnetzes
Konkrete Forderungen sind zum Beispiel ein Ausbau des Breitbandnetzes: „Die Erschließung auch ländlicher Räume mit Breitbandinternet ist dafür ein wichtiger Schritt, denn hier sitzt oftmals der Mittelstand. Der Bund muss deshalb erheblich in den Ausbau des Glasfasernetzes investieren“, so Grüns Verbandskollege Hubschneider. Da wird der BITMi in der Politik kaum auf Widerstand stoßen, allenfalls bei der Deutschen Telekom, die diesen Ausbau in weiten Teilen finanzieren muss.
Die folgende Forderung dürfte da schon eher für Stirnrunzeln bei dem einen oder anderen Politiker sorgen: „Wir setzen uns dafür ein, dass es schon in der Grundschule das Fach Digitalkunde gibt. Hier kann der Grundstein für ein tiefes Verständnis digitaler Technologien und Programmierung gelegt und ein Bewusstsein für einen sensiblen Umgang mit Daten geschaffen werden“, so Oliver Grün.
Ein eigenes Ministerium
Auch der Wunsch nach einem eigenen Digital-Minister wird wohl nicht auf spontane Begeisterung treffen. Dabei liegen die Gründe eigentlich auf der Hand, wie der BITMi-Chef ausführt: „Entscheidungskompetenzen der Netz- und Digitalpolitik sind in den Ressorts von gleich fünf Ministerien untergebracht. Dadurch entsteht ein hoher Koordinationsaufwand, langsame Entscheidungen und Streitigkeiten um die Zuständigkeiten der jeweiligen Ministerien. Bei einem so zentralen Zukunftsthema können wir uns das nicht erlauben.“
Wo er Recht hat, hat er Recht – meine Meinung. Aber bis es soweit ist, wird es zumindest Jahre dauern. Realistischer erscheint mir der Ansatz, Steuerschlupflöcher zu schließen, um Wettbewerbsnachteile für die deutsche IT-Industrie zu vermeiden. Denn das liegt auf einer Linie mit den Regierungsparteien.
Hierzu nochmals Oliver Grün: „Für IT-Mittelständler ist es angesichts der hohen Dynamik der Branche eine besondere Herausforderung, neue Geschäftsmodelle zu finanzieren. Zusätzlich konkurrieren sie auf dem internationalen Markt mit IT-Konzernen, die auf ihren Gewinn mitunter unter einem Prozent Steuern zahlen.“
Fazit
Der IT-Branche geht es dank dem Umrüstungsbedarf der deutschen Wirtschaft eigentlich gut. Doch die Rahmenbedingungen verändern sich nicht mit dem gleichen Tempo, wie dieser Sektor in der Realität wächst und an Bedeutung gewinnt. Hier ist die Politik nun gefragt, um das Wachstum der Branche nicht durch Schlafmützigkeit einzubremsen.