Grüne Kritik an übereiltem Kabinettsbeschluss zu Facebook-Gesetz: „völlig überzogenes Löschen auf Verdacht“. - Kennzeichnungspflicht für Social Bots gefordert.
Die Grünen fordern eine Kennzeichnung sogenannter Social Bots im Internet. Wenn diese automatisierte Kommunikationssysteme auf Webseiten eingesetzt werden, müssten diese auch als solche erkennbar sein, erklärt die Bundestagsfraktion der Grünen in einem eigenen Gesetzentwurf, aus dem die Frankfurter Rundschau (Mittwoch) zitiert. Bisher fehle es an Informationspflichten bei der Verwendung solcher Programme.
Mit ihrem Gesetz wollen die Grünen einen Gegenentwurf zum „Facebook-Gesetz“ von Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) vorlegen. Maas‘ Gesetz zur wirksameren Bekämpfung von Hass und Hetze im Netz wird an diesem Mittwoch vom Bundeskabinett beschlossen.
Die Grünen kritisieren daran eine Überregulierung von Veröffentlichung in sozialen Netzwerken, durch die die Meinungsfreiheit gefährdet sei. „Unser Rechtsstaat hält einen ausreichenden Instrumentenkasten bereit, den wir aber in den digitalen Kontext effektiv übersetzen müssen“, sagte der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Konstantin von Notz der FR. „Hier verbreiten sich Inhalte weiter und schneller, Strafverfahren dürfen da nicht einfach eingestellt werden, weil bei den Behörden oder Gerichten Mittel oder Personal fehlen oder Anbieter schlicht nicht kooperieren.“
Maas setze bei den Plattformen an, die er zum Löschen strafbarer Inhalte zwingen will. Damit überlasse er die Abwägung zwischen Grundrechten der Privatwirtschaft und riskiere „völlig überzogenes Löschen auf Verdacht“. Aus Grünen-Sicht müssten solche Entscheidungen Gerichte treffen, so von Notz. Offensichtlich rechtswidrige Inhalte müssten nach klaren Regeln leicht gemeldet werden können und nach sorgfältiger Prüfung durch die Anbieter gelöscht werden. „Hier gilt es, die großen Anbieter endlich in die Pflicht zu nehmen, ohne sie in eine Richterrolle zu drängen“, erklärte von Notz weiter.
Zugleich kritisierten die Grünen, dass das Gesetz des Justizministeriums bereits im Bundeskabinett beschlossen wird, bevor es formal von der EU-Kommission in Brüssel geprüft werden konnte. „Das Verfahren von Bundesminister Maas ist eine bodenlose Unverschämtheit“, sagte die Vorsitzende des Ausschusses für Verbraucherschutz, Renate Künast (Grüne), der Frankfurter Rundschau. „Es ist dilettantisch, einen nicht in Brüssel notifizierten Entwurf ins Kabinett zu bringen.“
Maas habe mit dem Entwurf Verbände und Unternehmen vor den Kopf gestoßen, mit „Themen, die offenbar nicht abgesprochen waren“, kritisierte Künast, die selbst regelmäßig im Netz bedroht wird. Nun solle das Gesetz im „Schweinsgalopp durch das Parlament gepeitscht“ werden“.