Liebe Leser,
mit dem seit der Reaktorkatastrophe in Fukushima (Japan) verordneten Atomausstieg hat die Politik den deutschen Energiekonzernen einen Bärendienst erwiesen. Die Versorger, welche die relativ kurzfristige Umstellung zuweilen als Enteignung bezeichnet haben, müssen Atomkraftwerke teuer abbauen sowie für die Lagerung der Kernenergie-Altlasten anteilig aufkommen.
Entschädigungen reichen nicht aus
Immerhin: Ende letzten Jahres entschied das Bundesverfassungsgericht, dass der Staat die Energiekonzerne entschädigen muss. Das Problem hierbei sei Branchenkennern zufolge jedoch, dass die zu erwartende Entschädigungssumme bei weitem nicht die entstandenen Schäden decken könne.
Geldsorgen bei RWE
Die aufwendigen Veränderungen reißen Löcher in die Bilanzen der beteiligten Konzerne. Der nordrhein-westfälische Energieriese RWE bildet hierbei keine Ausnahme. So musste der Energieversorger für das Geschäftsjahr 2016 Verluste in Höhe von 5,7 Milliarden Euro melden, die neben den Ausstiegskosten für die Kernenergie auch auf gewaltige Abschreibungen im Bereich der Kohle- und Gaskraftwerke zurückzuführen sind.
Der Vergleich zu E.ON lässt jedoch etwas aufatmen
Schaut man sich die Lage des Konkurrenten E.ON an, stellt man schnell fest, dass die Situation bei RWE noch deutlich schlechter sein könnte. So kann RWE eine Eigenkapitalquote von 10,5 Prozent vorweisen, während E.ON lediglich bei zwei Prozent liegt. Auch im Bereich der überschüssigen Mittel steht RWE mit 4,5 Milliarden Euro auffallend besser dar als E.ON.
RWE plant Veräußerung in Ungarn
Um die Kapitallage zu verbessern, plant RWE diverse Maßnahmen. Wie die Nachrichtenagentur Reuters kürzlich berichtete, erwäge der Energiekonzern einen Verkauf der Mehrheitsbeteiligung an einem ausgedehnten Braunkohlekraftwerk in Ungarn. Der dazugehörige Tagebau solle ebenfalls veräußert werden. Eine Sprecherin äußerte sich am Mittwoch zu dem Vorhaben und gab bekannt, dass alle strategischen Möglichkeiten – inklusive eines Verkaufs – geprüft werden. RWE hält derzeit 50,9 Prozent an dem fraglichen Kraftwerk Matrai Erömü. Die Anlage, an der auch der Karlsruher Energiekonzern EnBW beteiligt ist, gilt mit einer Leistung von 900 Megawatt als zweitgrößter Stromstandort in Ungarn.