Die EU plant Big Brother im Straßenverkehr. Von der Öffentlichkeit bisher kaum wahrgenommen verabschiedete der Verkehrsausschuss des EU-Parlaments eine europaweit gültige Rahmenrichtlinie. Demnach sollen ab 2013 alle Neuwagen mit Kommunikationsboxen ausgestattet werde, welche Informationen über Geschwindigkeit und Standort des Fahrzeugs übermitteln.
Die EU will damit die Unfallzahlen senken und den Verkehrskollaps verhindern. Datenschützer warnen vor der totalen Überwachung - bisher vergebens.
Hinter dem totalen Überwachungsprojekt steckt das Kürzel CVIS. CVIS steht für "Cooperative Vehicle Infrastructure Systems" (kooperative Fahrzeug-Infrastruktur Systeme) und wird voneinem Konsortium namens Ertico entwickelt, an dem etliche europäischeAutomobilkonzerne, Telekommunikationsfirmen und Ministerien beteiligtsind.
Das Projekt ist Teil einer Initiative der Europäischen Kommissionzur Einführung sogenannter intelligenter Verkehrssysteme. Mit dieserInitiative will Brüssel den Verkehr auf europäischen Straßen sicherermachen und besser fließen lassen.
Das System soll 2013 marktreif sein. Dann wird Wirklichkeit, wovon Überwachungsfans nur träumen: In Neuwagen werdenserienmäßig Kommunikationsboxen eingebaut, die ständig Informationenüber Fahrzeugklasse und -typ, Geschwindigkeit, Standort undFahrtrichtung aussenden. Dieser „Herzschlag” des Autos kann von denKommunikationsboxen anderer Fahrzeuge, aber auch von ähnlichenEinrichtungen an Ampeln und Autobahnbrücken empfangen werden.
DurchSammlung und Abgleich der Informationen sollen Staus vermindert undUnfälle vermieden werden. Das setzt selbstverständlich voraus, dass diese Daten auch von einer zentralen Stelle gesammelt und verwertet werden.
Der Hersteller der Überwachungsbox, eine Firma namens Ertico, hat das System bereits 2008 in Berlin getestet. Resultat: Big Autobrother funktioniert perfekt!
Doch neben der segensreichen Wirkung auf Verkehrsstaus und Verkehrskontrolle hat das System auch noch einige Nebenwirkungen, über die kaum gesprochen wird: Praktisch könnte mit einem solchen System ein Bewegungsprofil vonAutofahrern erstellt werden. Der Standort eines Fahrzeugs kann mit derTechnik bis auf einen Meter genau lokalisiert werden, schwärmt Ertico.
Simon Davis, Direktor der britischen Datenschutzorgansiation PrivacyInternational, warnte im „Guardian”, falls Daten aus einem solchenSystem mit Daten von Mobil-Telefonen abgeglichen würden, könne somitein nahezu „unfehlbares Überwachungssystem” geschaffen werden.
Die Brisanz ist den EU-Parlamentariern durchaus bewusst. Allerdingsfindet sich im Entwurf für die europaweite Rahmenrichtlinie nur derschwammige Hinweis, dass personenbezogene Daten nur dann verarbeitetwerden dürften, wenn dies für den Betrieb von intelligentenVerkehrssystem erforderlich sei.
Die Vorbereitungen für die Einführung der Überwachungsbox sind praktisch abgeschlossen: Für die Datenübertragung ist bereits europaweit ein Frequenzbandreserviert. Die bisherigen Projektarbeiten haben 41 Millionen Eurogekostet. Die Hälfte davon stammt aus Steuergeldern.
Wenn die Box erst mal Pflicht wird, dann klingelt bei Ertico die Kasse. Bis zu 700 Euro soll Big Brother auf Vier Rädern kosten - und der Autofahrer solle besser nicht gefragt werden. Nach Ansicht von Ertico soll das System gleich europaweit verpflichtend eingeführt werden.
Schöne neue Überwachungswelt: Cooperative Vehicle Infrastructure Systems
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Mehr:--->CVIS - Infoseite
--->Big Brother im Straßenverkehr - NRZ
--->Gurdian Big Brother is watching: surveillance box to track drivers is backed