Update vom 14.4.2009 Pressemitteilung von DENIC zum Fall Wikileaks:
Sie schreiben, dass die deutsche Domain wikileaks nach Angaben der Betreiber ohne Vorwarnung von der deutschen Domain-Verwaltung Denic gesperrt worden sei.
Die Ihnen wahrscheinlich bekannte Meldung bei Heise-online, welche auf einer Pressemitteilung von wikileaks.org basiert und in der DENIC Zensur vorgeworfen wurde, ist falsch. Sie wurde inzwischen auch von Heise korrigiert:
( http://www.heise.de/newsticker/Wikileaks-de-Denic-wehrt-sich-gegen-Sperr-Vorwurf--/meldung/136096 ) Laut Aussage des zuständigen Providers hat dieser die Internetservices der Domain wikileaks.de im Dezember 2008 zum 31. März 2009 gekündigt und den Kunden informiert, dass er bis zum 31. März 2009 diese zu einemanderen Provider umziehen solle oder er diese alternativ in de Transit geben würde (siehe http://netzpolitik.org/wp-upload/wikileaksde_stellungnahme.pdf).
Nachdem die Domain nicht bis zum Kündigungstermin umgezogen wurde, hat der Provider diese wie angekündigt in den Transit gegeben.
Hintergrund zum Transitverfahren
Grundsätzlich werden Domains bei der DENIC über ein automatisiertes Interface durch den betreuenden Provider bearbeitet. Der betreuende Provider hat dabei die Möglichkeit, die administrativen oder technischen Daten einer Domain zu aktualisieren oder auch der DENIC mitzuteilen, wenn das Kundenverhältnis zwischen ihm und dem Domaininhaber beendet wurde. (Domain in Transit geben).
Im Falle, dass DENIC mitgeteilt wird, dass ein Provider eine Domain nicht mehr verwaltet, hat der Domaininhaber zum einen die Möglichkeit, die Domain zu einem anderen Provider umziehen (Providerwechsel beauftragen), die Domain bei DENICdirect zu belassen oder aber auch die Domain zu löschen.
Warum ein Provider die Domainverwaltung aufgibt, entzieht sich dabei der Kenntnis von DENIC. Mögliche Gründe wären zum Beispiel, dass der Vertrag mit dem Kunden gekündigt ist, dass die Bezahlung aussteht, ...
Wikilieaks.de ist zensiert. In einer Nacht- und Nebelaktion wurde die Domain abgeschaltet:
---> Wikileaks.de
Damit zählt Deutschland neben China zu den einzigen Ländern weltweit, welche eine ganze Wikileaks-Domain zensieren. Wer Wikileaks ansteuern will, erhält folgenden Hinweis:
TRANSIT-Informationsseite
Die aufgerufene Domain ist derzeit nicht erreichbar.
Der Domaininhaber bzw. der administrative Ansprechpartner sollte inzwischen über die Probleme informiert sein. Wir rechnen daher in Kürze mit ihrer Behebung.
Originalseite über google Cache: www.wikileaks.de - allerdings sind von hier aus alle Texte und Artikel von Wikileaks nicht mehr ereichbar. Beim Anklicken entsprechender Links kommt die Fehlermeldung "404 page not found".
Wikileaks, bekannt für Aufklärung und den Kampf gegen die weltweitangestrebte Zensur der Wahrheit, wurde offensichtlich dieVeröffentlichung der australischen KiPo-Sperrliste zum Verhängnis. Wikileaks hat damit bewiesen, dass von der Sperrliste keineswegs nur kriminelle Seiten betroffen waren, sondern auch ganz "normale" Internetauftritte.
Für die deutsche Justiz offenbar dennoch Anlass, drastisch durchzugreifen - in einer Art und Weise, wie man sie nur noch aus dem Dritten Reich kennt. So wurde die Domain ohne Kommentar in einer Nacht- und Nebelaktion abgeschaltet.
Diedeutsche Justiz hatte bereits zuvor in einer ersten Einschüchterungstaktik eine Hausdurchsuchung bei Wikileaks angeordnet, und allen Betreibern von Internetseiten ebenso eine Hausdurchsuchungangedroht, wenn sie auf Wikileaks verlinken.
Die Hausdurchsuchungen bei Wikileaks in Dresden und Jena waren allerdings erfolglos, da der inkriminierte Server bereits in Schweden steht.
Natürlich gibt es - derzeit - für eine Domain-Sperrung oder eine Hausdurchsuchungweder einen Grund noch eine Rechtsgrundlage (Es sei denn, man veröffentlicht die KiPo Liste direkt). Der Vorgang dient offenbar der Einschüchterung. Offensichtlich will man damit ein Exempel statuieren.
Deshalb hier ein Umweg, auf dem man - noch - auf die deutschsprachige Seite von Wikileaks kommt:
--->https://secure.wikileaks.org
Offizielle Stellungnahmen seitens der Behörden gibt es bisher nicht. Dafür hat sich Wikileaks nun selbst zu Wort gemeldet in Form eine Pressemitteilung.
Pressemitteilung von Wikileaks
Am 9. April 2009 wurde die Wikileaks.de Domain ohne Vorwarnung durch die deutsche Registrierungsstelle DENIC gesperrt.
Die Massnahme folgt zwei Wochen auf die Hausdurchsuchung beimdeutschen Domainsponsor Theodor Reppe. Die Durchsuchung wurde durch dasPublizieren der australischen Zensurliste für das Internet ausgelöst.Ein Sprecher der zuständigen australischen Behörde ACMA (AustralienCommunications and Media Authority) sagte gegenüber australischenJournalisten aus, dass man die deutschen Behörden nicht um Amtshilfegebeten habe.
Die Veröffentlichung dieser Liste entlarvte die geheimeSperrung vieler harmloser Seiten, unter anderem mit politischenInhalten, und beeinflusste die Debatte um Zensur in Australienmassgeblich. Der Vorschlag zur obligatorischen Internetzensur inAustralien wird als Konsequenz dieser Debatte vermutlich nicht durchden australischen Senat bestätigt werden.
Am 25. März 2009, einen Tag nach der Durchsuchung, beschlossdie deutsche Regierung den Versuch zur Einführung eines kontroversenund von Experten heftig kritisierten bundesweiten Zensursystems für dasInternet.
Während die deutschen Behörden dem Nachrichtenmagazin "DerSpiegel" gegenüber aussagten, zum Zeitpunkt der Durchsuchung nichts vonWikileaks Rolle als international anerkanntes Pressemedium gewusst zuhaben, ist diese 'Ausrede' heute nicht mehr gültig. Bis heute, zweivolle Wochen nach der Durchsuchung, haben die Behörden keinerleiKontakt zu Wikileaks aufgenommen um den Sachverhalt zu klären.
Die Situation erinnert an einen Rechtsstreit zwischen Wikileaksund der schweizer Bank Julius Baer im vergangenen Jahr. Wikileakspublizierte Dokumente, die Steuerumgehung und das Verstecken vonVermögen auf den Kaimaninseln aufdeckten. Im Zuge des Rechtsstreitswurde die "wikileaks.org" Domain zeitweise von einem Richter inKalifornien nach einer ex-parte Anhörung der Bank gesperrt. Wikileaksveröffentlichte weiter über alternative Adressen im Internet, undnachdem sich mehr als 20 renomierte Medien- undBürgerrechtsorganisationen für Wikileaks einsetzten, gestand derRichter seinen Fehler öffentlich ein und hob die Sperrung auf.
Diesmal sind es die deutschen Behörden, die versuchen, eineganze Presseorganisation wegen einem von hunderttausenden Dokumenten zuschliessen, ohne den Herausgeber überhaupt zu kontaktieren.Kontaktinformationen zu Wikileaks sind auf jeder Seite des Portals zufinden.
Wikileaks publiziert weiter über die nicht-deutschen Domains.Wenn die deutsche Initiative zur Zensur des Internets erfolgreich ist,ist zu erwarten, dass diese alternativen Domains zensiert werden.
China - und nun Deutschland - sind die einzigen Länder dieser Welt, die versuchen eine ganze Wikileaks Domain zu zensieren.
Wikileaks untersucht den Vorfall und wir erwarten ein baldiges Update.
Wer Wikileaks Bemühungen gegen die Unterdrückung von Pressefreiheiten durch deutsche Behörden unterstützen möchte, kann dies über eine Spende tun.
Familienministerium benutzt gefälschte Zahlen zur Durchsetzung der Internet Zensur:
Das Handelsblatt berichtet:
Experten greifen von der Leyen an
Die dramatischen Zahlen, auf die sich Bundesfamilienminister Ursula von der Leyen (CDU) bei den geplanten Internet-Sperren für Websites mit kinderpornografischen Material beruft, beruhen möglicherweise auf fehlinterpretierten Statistiken. Laut dem Computerfachmagazin „c't“ hat die zitierte Statistik des Bundeskriminalamtes (BKA) keinerlei Aussagekraft für die politische Debatte. Wie das Magazin vorab berichtet, erfasse das BKA jede Ermittlung bei einem Anfangsverdacht. Das lasse jedoch keinen Schluss über die Zahl der nachgewiesenen Straftaten zu.Für die Fallzahlensteigerung zwischen 2006 und 2007 gäbe es viele Gründe, so die „c't“, beispielsweise die bessere Ausbildung und Ausstattung der Ermittler. Dass sich das Problem tatsächlich verschärft hat, sei dagegen eher unwahrscheinlich. So waren im Jahr 2007 im Zug einer einzigen Polizeiaktion, der „Operation Himmel“, 12 000 Bürger in Verdacht geraten, von denen nun viele in der Fallstatistik stehen. In mehreren Bundesländern ist der größte Teil dieser Fälle unterdessen ad acta gelegt worden, ohne dass sich der Verdacht bestätigt hätte.
Das Computermagazin c't urteilt:
Es erstaunt, dass Ministerin von der Leyen kompromisslos an ihren Plänen festhält und Bedenken von Experten beiseite wischt, ohne darauf sachlich zu antworten. Ein Gutachten des wissenschaftlichen Diensts des Bundestags etwa bescheinigt dem Sperrvorhaben, weitgehend wirkungslos und gleichzeitig grundrechtsgefährdend zu sein. Solche Aussagen hält die Ministerin für „unterirdisch“. Die Gesellschaft für Informatik (GI), also die größte Ansammlung von Fachkompetenz im deutschsprachigen Raum, plädierte Anfang April fast schon verzweifelt für eine effektivere Strafverfolgung. Die geplanten Sperrungen dagegen seien wenig hilfreich, sondern überwiegend schädlich.
Bei nüchterner Betrachtung scheint es kaum möglich, dass Ministerin Ursula von der Leyen wirklich daran glaubt, durch Websperren den Handel mit Kinderpornografie spürbar eindämmen oder gar den Missbrauch von Kindern verhindern zu können. Zu offensichtlich läuft diese Aktion in eine falsche Richtung. Und damit taugt sie noch nicht einmal als gesellschaftliches Signal. Denn das würde lauten: Wir starten einen dilettantischen Versuch, das Problem zu verdecken, tun aber nichts dagegen.
--->C't Die Argumente für Kinderporno-Sperren laufen ins Leere
Aufruf
--->Mahnwache gegen Internetsperre am 17. April in Berlin
Protestaufruf von netzpolitik.org gegen Internetsperren
Hier ist die Liste der Internetprovider mit Angaben ihrer Entscheidungen zur Zensur
Mahnwache am Freitag: Keine Scheuklappen fürs Netz!
Gegen Internetsperren in einer freien Gesellschaft.
Wann & Wo?
Am Freitag, den 17. April 2009*
Zwischen 9 Uhr und 9:30 Uhr
Vor dem Presse- & Besucherzentrum der Bundespressekonferenz
Reichstagsufer 14 | U+S-Bhf. Berlin-Friedrichstraße
Karte: http://tinyurl.com/d9d7pm
Was?
AmFreitag wollen die größten Internetprovider Deutschlandseinen Vertrag mit Bundesfamilienministerin von der Leyen unterzeichnen,in dem sich die Provider freiwillig verpflichten über das Internetzugängliche, kinderpornographische Inhalte herauszufiltern bzw. zusperren.
Wir sind überzeugt, dass mit diesem Vorgehen wederder eigentliche Missstand des Kindesmissbrauchs noch dessenDokumentation im Internet gelöst werden kann. Die Probleme werdenausgeblendet und darüber hinaus Wege geschaffen werden, die eineZensur des Internets für beliebige Inhalte ermöglichen.