Lieber Investor,
Wir sehen in Caracas nicht nur die klassischen Bilder von aus den Fugen geratenen Demonstrationen. Sehr aufschlussreich ist auch, was wir nicht so deutlich sehen, weil es für emotionale Fernsehbilder vergleichsweise wenig hergibt. Die Polizei bekämpft die Wut der Demonstranten auf die Regierung nicht nur offen mit Panzerwagen, Wasserwerfern und Gummigeschossen.
Sie wählt auch subtilere Wege, um den Protest erst gar nicht entstehen zu lassen oder die Anführer zu diskreditieren bzw. einzuschüchtern. Straßensperren weit ab vom Zentrum und den Versammlungsorten der Opposition, Busse, die dort genau kontrolliert werden, und U-Bahnen, die plötzlich nicht mehr fahren, sollen die Menschen davon abhalten, ihren Unmut auszudrücken.
Der eine oder andere Demonstrant wird sich in Zukunft genau überlegen wie er in den sozialen Netzwerken erscheinen will.
Das ist in gewisser Weise clever, denn wer lange Strecken zu Fuß gehen muss, um an einer Demonstration teilzunehmen, der ist schon müde, bevor der Protestzug sich überhaupt in Bewegung gesetzt hat. Und seine Wut muss schon ausgesprochen groß sein, damit er diese Belastung immer wieder auf sich nimmt und seine eigene Bequemlichkeit überwindet.
Ähnlich subtil geht die venezolanische Polizei vor, wenn sie geheim geschossene Fotos von einzelnen Demonstranten in die sozialen Netzwerke stellt und die User aufruft, ihnen bekannte Informationen über diese gewalttätigen Personen anderen zu teilen. Das schafft ein Klima der Angst und Denunziation und wird mit Sicherheit dazu beitragen, dass der eine oder andere Demonstrant sich in Zukunft sehr genau überlegen wird, wie er in den sozialen Netzwerken erscheinen will.
EinBeitrag von Dr. Bernd Heim.
Herzliche Grüße
Ihr Robert Sasse