Der amerikanische Starökonomen Nouriel Roubini hat die Weigerung der Bundesregierung scharf kritisiert, ein drittes Konjunkturpaket aufzulegen.
„In Amerika verhindern wir, wenn jemand in den Abgrund zu drohen stürzt. Das ist einfacher, als ihn später wieder auszubuddeln. Aber in Deutschland schert man sich nicht darum“, sagte der New Yorker Wirtschaftsprofessor der „Financial Times Deutschland“ (Dienstagsausgabe).
Wegen der im Herbst anstehenden Bundestagswahl werde die Regierung zwar im Sommer umkippen und ein drittes Paket doch noch auf den Weg bringen. Doch „eine sofortige Auflegung wäre vorzuziehen“, sagte Roubini.
Lange Zeit als „Dr. Doom“ verschrien, stieg der 51-Jährige nach dem Platzen der Spekulationsblase am US-Immobilienmarkt zu einem der weltweit anerkanntesten Ökonomen auf.
Roubini sagte den Zusammenbruch des Häusermarktes und den Ausbruch der Weltwirtschaftskrise 2004 als einer der ersten voraus, heute sind seine Empfehlungen und Analysen überall gefragt.
Die aktuelle Lage sei schwierig für Deutschland, so der Konjunkturexperte. Obwohl man sich nicht Kredit- und Immobilienexzessen hingegeben hätte, schrumpfe die deutsche Wirtschaft stärker als die übrige Eurozone oder die USA. „Die deutsche Arbeitslosenrate reagiert verzögert, steigt aber im Sommer von derzeit 8,6 Prozent auf mindestens zehn Prozent“, sagte Roubini.
Durch Lohnzurückhaltung und Produktivitätsfortschritte sei das Land in der Vergangenheit enorm wettbewerbsfähig geworden und in Exporten zur „Superpower“ aufgestiegen.
Doch die Ausfuhren fallen dramatisch in der Krise. Deutschland müsse sich jetzt auf eine neue Weltwirtschaftsordnung einstellen, sonst stehe es vor „großen Problemen“.
Der amerikanische Verbraucher spart mehr, das US-Handelsdefizit geht zurück. Deutschland müsse seine Inlandsnachfrage ankurbeln. „Das Haushaltseinkommen ist nicht hoch genug, die Konsumnachfrage zu niedrig“, sagte Roubini. Deutsche Unternehmen müssten mehr Gewinnausschüttungen zulassen.
Dazu sollten sie Produktivitätsfortschritte an Arbeitnehmer stärker weitergeben. „Lohnerhöhungen sind eine zweischneidige Sache. Aber marginale Anhebungen stärken das Vertrauen und den Konsum“, sagte der 51-jährige.
Roubini kritisierte auch die Bundesbank und die Europäische Zentralbank (EZB). Vor allem auf deutschen Einfluss gehe es zurück, dass die EZB ihren Leitzins trotz der sich deutlich verschärfenden Rezession noch nicht weiter gesenkt habe. „
Natürlich ist die EZB unabhängig, aber der Einfluss der Bundesbank und deren Sorge vor Inflation trug entscheidend dazu bei, dass der Leitzins derzeit noch bei 1,25 Prozent liegt, obwohl er eigentlich näher an Null sein sollte.“