Trotz gefälschter Todeszahlen, widersprüchlicher Verdachtsfälle und harmlosen Krankheitsverlaufs hebt die Weltgesundheitsorganisation die Pandemie-Warnung auf zweithöchste Stufe an. "Zeit für Organisation und Umsetzung der geplanten Schutzmaßnahmen ist kurz." Drohen mexikanische Verhältnisse demnächst auch in Europa?
Nach Einschätzung der Weltgesundheitsorganisation steht eine weltweite Ausbreitung der Schweinegrippe unmittelbar bevor. Die UN-Organisation hob ihre Pandemie-Warnung am Mittwochabend um einen Rang auf die zweithöchste Stufe fünf an. Die Welt sei auf eine Pandemie aber besser vorbereitet als je zuvor in der Geschichte, sagte WHO-Chefin Margaret Chan.
Die WHO ignoriert dabei offenbar völlig, dass ausgerechnet der H1N1 Erreger der sogenannten Schweinegrippe einer der harmlosesten unter den Grippe-Erregern ist. Jede normale Grippe, wie sie mehrmals auf der Welt im Jahr vorkommt, fordert weit mehr, nämlich Zehntausende Todesopfer. Nur wird darüber nicht berichtet.
Nach Anschicht von ausgewiesenen Experten ist die Schweinegrippe eine ausgesprochen harmlose Variante unter den Grippe-Erregern. Es ist deshalb völlig unverständlich, warum Politik und Behörden so dermaßen überreagierten.
Siehe ausführliche Analyse hier: --->Wissenschaftsforum Aviäre Influenza
Seitens der WHO war es bereits die zweite Verschärfung seit Anfang der Woche. Bei Stufe 5 geht die WHO davon aus, dass die meisten Länder in diesem Stadium noch nicht betroffen sind.
"Die Ausrufung der Phase 5 ist aber ein starkes Signal, dass eine Pandemie bevorsteht und die Zeit für einen Abschluss der Organisation und Umsetzung der geplanten Schutzmaßnahmen kurz ist", heißt es in den Erläuterungen.
Die Erhöhung des WHO-Alarms auf die vorletzte Stufe dürfte nicht ohne Folgen bleiben.
Das bedeutet, dass die Regierungen praktisch aufgefordert sind, Maßnahmen zu ergreifen, welche ein weiteres Ausbreiten der angeblichen Todesgefahr verhindern. Nach Ansicht von Insidern ist damit gemeint, dass auch in Europa Empfehlungen ausgesprochen werden, größere Menschenansammlungen zu meiden bzw. ganz zu verbieten.
Die Gesundheitsminister der Europäischen Union kommrn am Donnerstag zu einer Krisensitzung in Luxemburg zusammen. Ziel des Treffens ist eine Abstimmung über Maßnahmen zur Vermeidung einer Weiterverbreitung der Krankheit sowie über Diagnose- und Behandlungsmethoden.
Auch in Deutschland hat sich der Verdacht auf Schweinegrippe inzwischen angeblich bei drei Menschen bestätigt. Noch immer melden die Medien, Mexiko sei mit bis zu 159 Toten am stärksten betroffen. Dabei gibt selbst die WHO zu, dass dieses Zahlen gefälscht sind. Dermexikanische Gesundheitsminister konnte nur vage Hinweise geben: Einer der Toten litt an Tuberkolose, ein anderer hatte mit 288Kilo starkes Übergewicht. Die mexikanische Regierung steht unter dem Verdacht, die Zahlen dramatisiert zu haben, um Notstandsgesetz-ähnliche Verordnungen zu implementieren.
Wegen der deutlich nachunten korrigierten Schweinegrippe-Fallzahlen aus Mexiko hegen deutscheExperten Zweifel an der Gefährlichkeit des A/H1N1-Virus.
Die Überprüfung derTodesfälle in kanadischen Labors hatte ergeben, dass nur sieben Toteauf den Schweinegrippe-Erreger zurückzuführen sind statt 159, dieMexiko zunächst gemeldet hatte.
Viele dieser Todesfälle könnten auf gewöhnliche Grippe oderandere Ursachen zurückzuführen sein. In Deutschland etwa sterben nachAngaben des Instituts für Virologie der Charité Berlin jährlich 20.000Menschen an Grippe-Erkrankungen.
Alexander Kekulé,Mikrobiologe an der Universität Halle, sagte SPIEGEL ONLINE dazu: "DieDiagnose des A/H1N1-Virus ist schwierig und unter den mexikanischenGesundheitsbedingungen nicht möglich." Die nicht auf die Schweinegrippezurückzuführenden Todesfälle bezeichnete Kekulé als "die ganz normalenTodesraten in einem Schwellenland". Nicht jeder, der an einerLungenerkrankung sterbe, sei ein Epidemieopfer.
Kekulé,der auch Mitglied in der Schutzkommission des Bundesinnenministeriumsist und die Behörde bei Katastrophenfällen berät, mahnt zur Wahrung derVerhältnismäßigkeit. Von 2500 Verdachtsfällen sei bislang die Rede. DieDunkelziffer noch nicht erkannter Infektionen werde üblicherweise aufrund das Zehnfache geschätzt.
Gehe man also von etwa25.000 Ansteckungen und sieben Todesfällen aus, komme ein Toter auf3000 Infizierte. Das sei weniger als bei einer normalen Influenza. "Dasneue Virus wäre damit also nicht sehr aggressiv", sagte Kekulé SPIEGELONLINE. Wirkliche Pandemie-Erreger seien wesentlich aggressiver.Außerdem sei auch noch nicht bewiesen, dass das Schweinegrippe-Virusbevorzugt Menschen mittleren Alters befalle.