Mit heftigen Angriffen auf deutsche Politiker und massiven Vorwürfen an die briti-
sche Regierung wehrt sich Luxemburgs Premierminister gegen die Kritik, sein Land
sei ein Refugium für Steuerbetrüger. Im Interview mit dem SPIEGEL verbittet sich
Jean-Claude Juncker „scheinbar humorvolle“ Angriffe wie die des deutschen Fi-
nanzministers Peer Steinbrück („die siebte Kavallerie vor Yuma ausreiten lassen“)
oder des SPD-Vorsitzenden Franz Müntefering („früher hätte man dort Soldaten hin-
geschickt – aber das geht heute nicht mehr“). Juncker empört: „Wir waren schon
mal besetzt, wir haben unter deutscher Besatzung gelitten.“ Die Deutschen hät-
ten kein Recht, so über die Luxemburger zu reden, zumal die Bundesrepublik bis
Juli 2005 selbst „das größte Steuerparadies Europas“ gewesen sei. Kein nicht-
ansässiger Ausländer habe bis dahin Steuern auf Zinseinkünfte in Deutschland zah-
len müssen. Heute locke die britische Regierung „die größten Vermögen der Welt
zielstrebig nach London“, wo sie „nur minimal besteuert“ würden. Aber über die-
ses „Steuerparadies für Multi-Milliardäre“ spreche niemand, klagte Juncker im
SPIEGEL.
Nach dem Steuerstreit rechnet sich der dienstälteste Regierungschef Europas, der
am 7. Juni Parlamentswahlen zu bestehen hat, nur noch wenig Chancen für höhe-
re EU-Ämter aus, für die er seit längerem im Gespräch ist. Dafür gebe es nun „bei
einigen meiner EU-Kollegen keine überschäumende Begeisterung“ mehr.