Die Politik mischt sich nach einem Bericht des Handelsblattsmassiv in die Vergabe der milliardenschwerenRettungshilfen aus dem „Wirtschaftsfonds Deutschland“ ein. „Die meistenAnträge auf Staatsgelder werden mit einem Empfehlungsschreiben vonPolitikern eingereicht“, hieß es in Regierungskreisen. Politiker allerParteien setzten sich aktiv für die Berücksichtigung einzelnerUnternehmen ein. Damit droht der staatlichen Hilfe ein Missbrauch zuWahlkampfzwecken.
In einem Fall haben sich Politiker sogardafür eingesetzt, dass ein von der KfW Bankengruppe bereits abgelehnterKreditantrag noch einmal aufgerollt werden soll. Bei dem Unternehmenhandelt es sich um den rheinland-pfälzischen Autozulieferer Aksys, wiedas Handelsblatt aus Regierungskreisen erfuhr. Für heftige Diskussionin der Bundesregierung sorgen auch mögliche Staatshilfen für denangeschlagenen Handelskonzern Arcandor.
Die Fälle Aksys undArcandor zeigen deutlich, wie konkret die Gefahr eines Missbrauchs der100 Milliarden Euro Rettungshilfen ist. Bei der Gründung desDeutschlandfonds hatte sich die Bundesregierung verpflichtet, dieVergabe der Staatsgelder an feste Kriterien zu knüpfen. „Wenn estatsächlich zu rein politisch motivierten Zusagen für Staatshilfenkommt, ist der gesamte Wirtschaftsfonds desavouiert“, warnte einführendes Regierungsmitglied.
Brisant ist vor allem die politischeEinflussnahme im Fall Aksys. Der Autozulieferer aus Worms mit 1.900Mitarbeitern in Deutschland hatte bei der KfW einen Antrag auf Mittelaus dem Kreditprogramm gestellt. Aus Regierungskreisen hieß es, dass essich um einen „zweistelligen Millionenbetrag“ handelt. Die Staatsbanklehnte den Antrag nach intensiver Prüfung mit dem Hinweis ab, dass dieVoraussetzungen nicht gegeben seien.
Mehrere Politiker ausBayern, darunter auch Mitglieder der Landesregierung, wehrten sichgegen den Befund der KfW und setzten sich beimBundeswirtschaftsministerium für eine nochmalige Prüfung des Falls ein.Hintergrund ist, dass Aksys allein in Bayern vier Standorte hat. Zielder politischen Intervention war es, den abgelehnten Kreditantrag vonAksys vom Lenkungsausschuss des Wirtschaftsfonds aus besonderemöffentlichem Interesse nachträglich genehmigen zu lassen. DiesesGremium, dem Vertreter aus dem Wirtschafts-, Finanz- undJustizministerium angehören, will sich tatsächlich mit dem umstrittenenFall befassen. „Wegen der grundsätzlichen Bedeutung wird sich derLenkungsausschuss auf jeden Fall mit dem Hilfsantrag von Aksysbeschäftigen“, sagte Wirtschaftsstaatssekretär Walther Otremba, derzugleich Vorsitzender der Runde ist, dem Handelsblatt. Das Managementvon Aksys überlegt nun, einen überarbeiteten Kreditantrag bei derStaatsbank einzureichen. Aksys wollte zu den konkreten Verhandlungenkeine Stellung nehmen, bestätigte jedoch, einen Kreditantrag gestelltzu haben.
Für ähnliche Aufregung sorgt eine möglicheStaatshilfe für Arcandor. Nach Informationen des Handelsblatts beläuftsich das angepeilte Rettungspaket auf rund 650 Millionen Euro. Dabeisoll es sich um Bürgschaften des Bundes handeln, hieß es inRegierungskreisen. Arcandor-Chef Karl-Gerhard Eick habe seineRettungspläne bereits mit der Spitze des Bundeswirtschaftsministeriumsbesprochen.
Nach Einschätzung von Experten erfüllt der Handelskonzernjedoch die wichtigste Bedingung für die Vergabe einer Bundesbürgschaftnicht. So befindet sich Arcandor keineswegs erst seit Anfang Juli 2008,wie es der Gesetzgeber für die Hilfszusage fordert, in finanziellerSchieflage. Zwar wies Arcandor im Geschäftsjahr 2007 ein positivesKonzernergebnis von 135 Millionen Euro aus. Doch ohne die Buchgewinneaus Immobilien- und Firmenverkäufen – laut Geschäftsbericht 978Millionen Euro – hätte der damalige Konzernchef Thomas Middelhoff roteZahlen präsentieren müssen. In den letzten neun Monaten vor demStichtag 1. Juli 2008 häufte Arcandor weitere Verluste in Höhe von 375Millionen Euro an.
In der Politik wächst deshalb derWiderstand gegen Staatshilfen für Arcandor. „Arcandor ist ein Fall vonMissmanagement und kein Notfallkandidat für den Wirtschaftsfonds“,sagte CDU-Wirtschaftsexperte Michael Fuchs.