In Amerika ist alles größer. Ganz sicher gilt diese Feststellung für die Insolvenz des ehemals größten Autobauers der Welt, General Motors (GM).
Noch niemals zuvor wurde mit derartig gigantischem Aufwand versucht, einem Unternehmen einen Neuanfang zu verschaffen. Gegen die bald 50 Milliarden Dollar, die allein die US-Regierung in die Sanierung des maroden Konzerns steckt, wirken die deutschen Staatshilfen für die Opel-Rettung fast schon knauserig.
Doch für Amerika geht es im Fall von GM eben nicht nur um den Erhalt eines Unternehmens und möglichst vieler Arbeitsplätze, sondern, noch viel stärker als in Deutschland, auch um das nationale Selbstverständnis. Die US-Autoindustrie und vor allem GM waren über Jahrzehnte hinweg Ikonen des Erfolges und der wirtschaftlichen Überlegenheit Amerikas. Sie nun vor dem Untergang zu retten ist für Präsident Obama auch die Gelegenheit, seinen Glauben an die Reform- und Zukunftsfähigkeit des Landes zu demonstrieren.
Der Preis für den Traum, vielleicht einmal wieder die besten Autos der Welt zu produzieren, ist jedoch hoch: GM und seine Mitarbeiter werden Einschnitte hinnehmen müssen, die weit über jene hinausgehen, die den Opelanern bevorstehen.
Und Amerika insgesamt nimmt in Kauf, seine Form des Kapitalismus, der stets auf freie Unternehmer gesetzt hat, bis zur Unkenntlichkeit zu verstümmeln.
Bei allen Unterschieden gibt es eine Gemeinsamkeit im Handeln dies- und jenseits des Atlantiks: Sowohl die deutsche wie auch die US-Regierung haben ordnungspolitische Grundsätze weit hintangestellt. Die Amerikaner ganz unverblümt, indem sie GM verstaatlichen. Die Deutschen etwas diskreter durch Staatsbürgschaften - wobei diese Opel im Fall des Platzens der zugesicherten Kredite ebenfalls zu einem Staatskonzern machen könnten.
Die Risiken, dass es dazu kommen wird, sind so gering nicht. Tatsächlich hat die Bundeskanzlerin, die noch wenige Stunden vor der finalen Entscheidung verkündete, Opel nicht um jeden Preis retten zu wollen, nun kaum etwas in den Händen.
Vielmehr kann der Investor Magna ohne allzu große Risiken für sich selbst noch jederzeit Abschied von der Opel-Übernahme nehmen und den Schlamassel dem Steuerzahler hinterlassen. Dass angesichts dieser Umstände zumindest Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg Skrupel verspürt, ehrt ihn. Seine weitgehende Isolation in der Frage der Opel-Rettung ist zugleich aber auch Anklage - gegen den Opportunismus seiner Kabinettskollegen und selbst weiter Teile der Union.