Unmittelbar vor dem Besuch von US-Präsident Barack Obama in Deutschland wächst die Sorge vor protektionistischen Maßnahmen der USA gegen ausländische Firmen. Etliche deutsche, aber auch andere nicht-amerikanische Konzerne klagen inzwischen darüber, dass sie von Ausschreibungen oder Auftragsvergaben etwa auf Ebene der Kommunen und US-Bundesstaaten ausgeschlossen werden, wie das Handelsblatt (Donnerstagsausgabe) aus Unternehmenskreisen erfuhr.
Von einem „Protektionismus durch die Hintertür“ spricht der Leiter der Außenwirtschaftsabteilung des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Axel Nitschke. Die deutsche Wirtschaft hat der US-Regierung ihre Bedenken am 1. Juni in einem vierseitigen Schreiben übermittelt, das dem Handelsblatt vorliegt. Auch die Bundesregierung ist mittlerweile besorgt, im Wirtschaftsministerium spricht man von einer „besorgniserregenden Tendenz“. Das Thema könnte sogar beim Treffen von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) mit US-Präsident Barack Obama am Freitag in Dresden angesprochen werden.
Bereits am 18. Mai hatten sich Vertreter etlicher deutscher Konzerne wie Siemens, Thyssen-Krupp, Allianz und Deutsche Telekom in Washington getroffen, um über die Probleme zu beraten. Zwar sei die „Buy-American“-Klausel im Gesetz für das US-Konjunkturpaket abgemildert worden. Aber der Hinweis, dass internationale Handelsvorschriften eingehalten werden müssen, finde sich nicht in den Ausführungsbestimmungen, monieren die Firmen. „Deshalb kann 'Buy American' von den diversen US-Beschaffungsstellen weit über den eigentlichen Anwendungsbereich hinaus ausgelegt werden“, klagen Industrievertreter. So kritisiert etwa die Firma Schott, dass sich bei einer Ausschreibung des US-Energieministeriums vom 27. April für ein 400 Millionen Dollar schweres Forschungs- und Entwicklungsprogramm im Energiebereich nur US-Firmen bewerben können. Ausländische Unternehmen und sogar deren amerikanische Töchter können nur als Unterauftragnehmer auftreten. Andere Firmen wie Siemens weisen darauf hin, dass amerikanische Gemeinden und Städte die „Buy-American“-Klausel sehr weit auslegen.
„In der aktuellen Wirtschaftskrise nehmen subtile Schutzvorkehrungen zu“, kritisiert auch Manfred Gentz, Präsident der Internationalen Handelskammer (ICC) Deutschland. „Waren es früher vor allem Zölle, so gibt es heute eine Vielzahl anderer Instrumente, um die heimische Wirtschaft zu bevorzugen.“