Wirtschaftsweiser Schmidt: Maastricht-Grenze für Schulden frühestens 2020 wieder einzuhalten. Gewerkschaften und Sozialverband trotz Rekorddefizits gegen Einsparungen.
Für höhere Steuern bei höheren Gehältern.
Der Wirtschaftsweise Christoph Schmidt hateinen schnellen Abbau des öffentlichen Schuldenberges als unrealistischbezeichnet.
„Selbst im optimistischsten Szenario mit ausgeglichenenöffentlichen Haushalten und einem Wirtschaftswachstum vondurchschnittlichnominal 3,3 Prozent würde es bis 2020 dauern, bis wir dasMaastricht-Kriterium einer Schuldenstandsquote von nicht mehr als 60Prozent der Wirtschaftsleistung einhalten könnten“, sagte Schmidt derBerliner Zeitung (Wochenend-Ausgabe).
Zunächst sollte es darumgehen, die Schuldenquote zurückzuführen, indem möglichst keine neuenSchulden gemacht und Impulse für ein kräftiges Wirtschaftswachstumgegeben werden,. „Ein Abbau der Schulden im Sinne eines Abtragens der1,6 Billionen Euro steht zur Zeit noch gar nicht an.“Leitlinie der Politik sollte sein, durch Haushaltsdisziplin aus denSchulden herauszuwachsen. „Und das sollte in etwa einer Dekade durchausmöglich sein“, sagte das Mitglied des Sachverständigenrats derBundesregierung für die Wirtschaftsentwicklung.
Gewerkschaften und Sozialverband trotz Rekorddefizits gegen Einsparungen
Trotz einer Rekordstaatsverschuldung sieht DGB-Chef Michael Sommerderzeit keine Möglichkeit, Ausgaben einzusparen. „Wir müssen alles tun,um die globale Finanz- und Wirtschaftskrise zu bewältigen und dieFolgen sozial verträglich zu regeln“, sagte Sommerder Berliner Zeitung.
Sparen sei „kontraproduktivzu jedem Konjunkturprogramm“. Die Haushaltskonsolidierung brauche Zeit.Der DGB-Chef warnt davor, an der falschen Stelle zu kürzen: „Ichschreibe jeder Regierung, die nach den Wahlen handelnmuss, ins Stammbuch: Finger weg von den Sozialleistungen, Renten undPensionen. Keine Kürzungen bei denen, die diese Krise nicht verursachthaben.“
Die Präsidentin des Sozialverbandes VdK, Ulrike Mascher, siehtderzeit ebenfalls keinen Spielraum für Schuldenabbau und zeigte sichverwundert über die Diskussion. „Ich gehe davon aus, dass die Politikdie neuen Schulden sehenden Auges beschlossen hatund weiß, was sie tut“, sagte Mascher der Berliner Zeitung.
Es seideshalb merkwürdig, dass nun gleich die Frage folge, wie man die alsnotwendig erkannten Schulden wieder abbauen könne. „Wichtig ist zumjetzigen Zeitpunkt nur eins: die Wirtschaftsflaute zuüberwinden und so wieder Steuereinnahmen zu generieren“, so Mascher.Wenn es wieder Wachstum gebe, sollte dieses aber genutzt werden, um denHaushalt zu konsolidieren.
Denkbar sei auch, die Einkommensteuer vorallem bei den höheren Gehältern für einen bestimmtenZeitraum heraufzusetzen und die Vermögensteuer wieder einzuführen.