Der Siemens-Konzern gerät immer stärker in den Sog des konjunkturellen Abschwungs. Nach den Industriebereichen erfasst die Krise laut Gesamtbetriebsratschef Lothar Adler jetzt zunehmend den Energiesektor des Mischkonzerns.
„Im Monat Juni ist der Auftragseingang nicht nur in Industriedivisionen wie den Elektroantrieben, sondern auch in der Division Energieübertragung unerwartet schwach ausgefallen“, sagte Adler gegenüber €uro am Sonntag laut Vorabbericht (E-Tag: 11.07.2009). Der Konzern wollte dazu keine Stellung nehmen und verwies darauf, dass eine monatliche Betrachtung nicht aussagekräftig genug sei.
Für die 130 000 Beschäftigten von Siemens in Deutschland könnte der jüngste Auftragseinbruch dennoch Konsequenzen haben, fürchtet Adler: „Dieses Loch wird spätestens im Herbst auf die Auslastung der Produktion wirken. Ich rechne damit, dass das Management schon bald über eine Ausweitung der Kurzarbeit verhandeln will“, so der Betriebsrat.
Vor allem Mitarbeiter der Industriesparten des Konzerns sind bislang von Kurzarbeit betroffen. Hier ist laut Adler bisher noch keine Entspannung in Sicht. „Die Anzahl der Kurzarbeiter bei Siemens könnte sich deshalb bis zum kommenden Frühjahr verdoppeln“, sagte Adler der Wirtschaftszeitung. Derzeit arbeiten rund 19 000 der 130 000 Beschäftigten des Konzerns in Deutschland kürzer als in ihren Arbeitsverträgen vorgesehen.
Im August und September will die Konzernführung demnach zudem mit Arbeitnehmervertretern über die Auswirkungen künftiger Restrukturierungen und Änderungen im Portfolio des Konzerns auf die Personalsituation beraten. „Der Vorstand will sich das Konzernportfolio genau anschauen“, erklärte Adler.
Konzernchef Peter Löscher hatte vor wenigen Tagen eingeräumt, dass es in einzelnen Bereichen des Konzerns zu Einschnitten bei der Beschäftigung kommen könne. Auf umfassendere Personalmaßnahmen will Löscher derzeit jedoch verzichten. „Ein konzernweites Programm zur Kostensenkung zulasten der Beschäftigten wird es nicht geben“, sagte er. Erst im vergangenen Sommer hatte Siemens unter anderem auch ein Programm zur Senkung der Verwaltungs- und Vertriebskosten um 1,2 Milliarden Euro beschlossen. Weltweit fallen bis 2010 fast 17 000 Stellen weg.
Auch der Betriebsrat sieht einstweilen nicht die Gefahr einschneidender Maßnahmen im kommenden Geschäftsjahr. „2010 wird es hier wohl keine größere Dramatik geben“, sagte Adler gegenüber €uro am Sonntag. Darüber hinaus wollte der Arbeitnehmervertreter allerdings keine Prognose wagen.