Bemerkenswertist ferner, dass selbst von den Anhängern der CDU/CSU nur elf Prozentdem Steuersenkungsversprechen im Wahlprogramm der Union glauben,wohingegen 64 Prozent von Erhöhungen ausgehen.
Unter denFDP-Anhängern ist die Skepsis gegenüber dem zentralen Wahlkampfthemaihrer Partei noch ausgeprägter: Hier gehen trotz gegenteiligerBeteuerungen 70 Prozent von einer steigenden Belastung und nur siebenProzent von Steuerentlastungen aus
Hessens MinisterpräsidentRoland Koch (CDU) erklärt sich die überraschend hohe Skepsis der Wählergegenüber dem Wahlversprechen Steuersenkung damit, dass „die LeuteSteuersenkungen erst dann glauben, wenn sie das Ergebnis auf demGehaltszettel sehen“. Trotzdem seien die Entlastungen „eine wichtige,aber nicht die einzige Botschaft unseres Wahlkonzepts“, sagte Koch demHandelsblatt.
FDP-Finanzexperte Hermann Otto Solms sagte demHandelsblatt: „Die Mehrheit der Wähler will mit Sicherheit Entlastung,aber offenbar glaubt sie wegen des hohen Staatsdefizits nicht daran.Man wählt aber die Partei, die in ihrem Programm das verspricht, wasman will, und nicht das, was man erwartet.“
SPD-FinanzexperteJoachim Poß sieht dagegen die Umfrage als Bestätigung dafür, dass „dieWähler die Wahllüge der Union durchschauen“.
Der Präsidentdes Bundesrechnungshofs, Dieter Engels, findet das Misstrauen derWähler gegenüber den Versprechen der Politik richtig. „Wenn man sichdie Haushaltszahlen nüchtern anschaut, halte ich flächendeckendeSteuersenkungen derzeit für ausgeschlossen. Dafür gibt es schlichtkeinen Spielraum, und man sollte auch nicht so tun, als sei diefinanzpolitische Realität eine andere.“
Das spiegeltauch die Handelsblatt-Umfrage wider. Auf die Frage, welcher Partei manam ehesten zutraue, die Wirtschafts- und Finanzkrise in den Griff zubekommen, antworteten 34 Prozent und damit die Mehrheit der Befragten,dass sie keiner Partei mehr zutrauten, die Krise in den Griff zukriegen. Lediglich neun Prozent der Befragten nannten die SPD, achtProzent die FDP. Den Grünen trauen die Lösungsfähigkeit wichtigerProbleme nur zwei Prozent zu. Die Union ist beim Thema Lösungskompetenzder SPD inzwischen weit überlegen: Immerhin gehen noch 33 Prozent derBefragten davon aus, dass die Bewältigung der Wirtschafts- undFinanzkrise bei CDU/CSU in guten Händen liegt.
Trotz derSkepsis der Bürger gegenüber dem schwarz-gelben Wahlkampfversprechen,die Steuern zu senken, liegen Union und FDP in der Handelsblatt-Umfrageder Info GmbH vorne. Wenn nächsten Sonntag Bundestagswahl wäre, würden38 Prozent für CDU/CSU stimmen, 13 Prozent für die FDP und 24 Prozentfür die SPD. Die Linke käme auf zehn, die Grünen auf elf Prozent undalle anderen Parteien auf zusammen rund fünf Prozent. Gingen dieBundesbürger bis vor kurzem noch von einer Bestätigung der GroßenKoalition aus, glauben daran jetzt nur noch 23 Prozent. Inzwischenerwarten 46 Prozent eine schwarz-gelbe Regierung.