Ein saudiarabischer Milliardär mit Holdings in einigen der größten britischen Firmen ist im Zentrum eines Multi-Milliarden-Dollar Betrugs, der neue finanzielle Schockwellen um die Welt zu senden droht. Noch in dieser Woche wird der komplizierte Fall vor einem Gericht in New York verhandelt.
Hauptbeschuldigter: Maan Al Sanea, Kopf des in Saudi Arabien bekannten "Sanea-Clans". Sanea ist Bossder Saad Group, ein auch über die arabischen Grenzen hinaus bekanntes Industrie-Konglomerat, zu dem auch Bankbeteiligungen besonders in der arabischen Welt gehören. Sanea wird beschuldigt $9.2 Milliarden unterschlagen zuhaben. Betroffen von diesem Betrug ist eine andere sehr bekannte Familie: Die Algosaibis, eine der mächtigsten Dynastien in Arabien.
Maan Al Sanea und seiner Saad Group gehören unter anderem 2,9% an HSBC und ein Teil der Berkley Group in Großbritannien. Beobachter befürchten, dass die Saad Group Liquiditätschwierigkeiten hat und deshalb ihre Anteile verkaufen könnte, was im Fall von Berkley auch schon geschehen ist - die Aktie ging vor Wochen in den Sturzflug über.
Dahinter stecken offenbar Zahlungsschwierigkeiten der Saad Group, welche weltweit vertreten ist und bis vor wenigen Wochen auch ein Rating von Moody's hatte. Dieses wurde jedoch entzogen, weil die Firmengruppe unzureichende Informationen übermittelte.
Bei der Klage in New York verlangt nun eine Bank aus Dubai 150 Millionen Dollar von den Algosaibis. Diese wiederum verweisen darauf, dass das zugrunde liegende Geschäft gefälscht war und zwar von Maan Al Sanea bzw. der Saad Group.
Nach genauerer Überprüfung der Bilanzen fanden die Algosaibis allerdings heraus, dass angeblich nicht nur die 150 Mio. Dollar-Forderung fälschlicher Weise auf ihren Namen liefen, sondern insgesamt rund für 10 Milliarden Dollar Bürgschaften auf ihren Namen lauten - Geld das angeblich an Sanea geflossen ist.
Die Sache wird noch dadurch verkompliziert, dass Mr. Al Sanea mit einer Algosaibi verheiratet ist und eine derGeschäftsdivisionen der Familie leitete. Er behauptet, er werde seinerseits als Sündenbock benutzt für Liquiditätsschwierigkeiten der Ahmed Hamad Algosaibi and Brothers Company(AHAB), dem Flagschiff von Algosaibi's mächtigem Geschäfts-Empire.
Gerichsunterlagen in New York zeigen, dass Sanea mit dem "guten" Namen der Algosaibis rund um den Globus riesige Kredite erhalten hat - für Projekte, die nun durch die Wirtschaftskrise zum Teil Pleite sind. Die Milliardenkredite, die Sanea einheimste, verschwanden offenbar auch in dunklen Kanälen. Die Frage ist nun, ob die Algosaibis dies wussten oder nicht, und ob Sanea tatsächlich nicht mit deren Einwilligung gehandelt habe. Der Fall dürfte äußerst schwierig zu entwirren sein. Fakt ist aber, dass es sich um einen Betrugsfall von insgesamt 20 Milliarden Dollar handelt, in dem auch deutsche Banken reingezogen wurden.
Neben Barclays und JP Morgan hat Sanea offenbar auch von der Deutschen Bank und der Commerzbank insgesamt 10 Milliarden Dollar erhalten - Geld, das wahrscheinlich verloren ist.
Die saudische Zentralbank hat nun das Vermögen von Sanea eingeforen. Ausserdem beantragte ein Gericht auf den Cayman Inseln ebenfalls die weltweite Einfrierung von Sanea-Vermögen in Höhe von 9,2 Milliarden Dollar. Ob das Geld allerdings noch vorhanden ist, bleibt ungewiss.
Der Fall zeigt in aller Deutlichkeit, dass die Finanzkrise nun auch in Arabien voll durchschlägt. Die Affäre könnte einen Dominoeffekt auf der arabischen Halbinsel auslösen, welcher die ganze Welt erfasst. Denn noch ist völlig unklar, wieviele Personen / Dynastien tatsächlich dahinterstecken.
Der Fall Sanea / Algosaibis führt bereits jetzt zu erheblicher Unsicherheit im arabischen Bankensektor. In Bahrein ist bereits im Mai "The International Banking Corporation" (TIBC) pleite gegangen, eine der größten Regionalbanken. Die TIBC wiederum gehörte den Algosaibis. Sanea soll andererseits mit seiner eigenen Bank "Awal" bei TIBC engagiert gewesen sein und bei der Pleite viel Geld verloren haben.
Dies könnte nach Ansicht von Beobachtern ein deutliches Signal sein, dass die mächtigsten arabischen Dynasien mit dem Rücken an der Wand stehen. Dabei ist die Affäre Sanea / Algosaibis offenbar nur die Spitze des arabischen Finanz-Eisbergs.
Insider berichten, dass das gesamte Bankenwesen in der Golfregion derzeit wie gelähmt sei und die Kreditinstitute keine Ausleihungen mehr tätigten. Das könnte zur finalen Kastrophe führen, denn am Golf gibt es derzeit noch Bauprojekte im Wert von rund 200 Milliarden Dollar, die alle auf Kredit fußen. Doch viele Investoren wollen nun ihr Geld zurück, weil Projekte teilweise nicht mehr weiter gebaut werden.
Hinzu kommt, dass zahlreiche Scheichtümer offenbar über ihre Verhältnisse gelebt haben und ebenfalls mit zweistelligen Milliardenbeträgen am Tropf hängen. Dazu zählt vor allem das Scheichtum Dubai mit geschätzten Schulden in Höhe von 60 Milliarden Dollar.
Mit dem "Familien-Streit" der reichsten Dynastien Arabiens spitzt sich somit die Finanzkrise am Golf zu und dürfte in Zukunft noch weiter eskalieren. Schon allein dass der Fall an die Öffentlichkeit gelangte, kommt einer Sensation gleich. Denn normalerweise werden solcherlei Streitigkeiten unter der Decke gehalten.
---> Telegraph: Saudi families square up over $20bn 'fraud'