Heuteverhandelt der BGH in Leipzig die Urteile im Volkert/Gebauer-Prozess.Ein Rückblick:
Juni2005. Anwalt Wolfgang Kubicki wird im Zuge der vermeintlich jungenVW-Affäre in Wolfsburg vorstellig. Er vertritt einen derBeschuldigten - Wolfgang Gebauer. Im Gespräch mit denVW-Managern glaubt er, seinen Ohren nicht zu trauen. Man erklärtihm in aller Seelenruhe: „Die hiesige Staatsanwaltschaft macht waswir wollen. Die haben wir im Griff. Wir sind hier Platzhirsch.“ Inseinem ganzen Leben habe er noch nie ein solches Gesprächgeführt, so Kubicki. Und bei den Staatsanwälten muss erhören: „Wo sollen wir da überhaupt suchen? Der Konzernist ja so groß wie eine Stadt“. Kubicki: „Da mussten wirdann mal selber Beweise sammeln“ (*).
Parallelzu Kubicki wurde auch ein alter Zeuge des VW-Skandals aktiv (**) -Polizeispitzel G06. Ihn hatte die Polizei Hannover als V-Mann in dieRotlichtszene eingeschleust. Allerdings schon im Jahre 2000. G06hatte erstaunliche Beobachtungen gemacht und seine Auftraggeberdetailliert informiert. Beispielsweise über Sex- undDrogen-Exzesse bei VW. Auch der Name von VW-Gesamtbetriebsratschefund VW-Aufsichtsrat Klaus Volkert findet sich schon 2000 in denPolizei-akten. Bordellbetreiber Graser organisierte die von VWbezahlten Sex-Treffen. 2001 informierte die Polizei VW. Aber auchdort blieb man untätig. Jeder Polizei-Novize weiß indes,dass man sich als Organ einer Aktiengesellschaft nicht in Bordellenamüsieren darf. Zumindest nicht auf Kosten der Firma. Bei VWhandelte es sich allerdings um eine Firma unter staatlicherKontrolle. Da wäre ein Sex-Skandal fatal für das Ansehender Landesregierung als Gesellschafter gewesen. In Hannover warbereits der Preussag-Skandal aktiv vertuscht worden. DieWestLB/Preussag-Gruppe hatte hochrangige Politiker beider großenParteien in unsäglichste Abhängigkeit gebracht. Manfunktionierte dazu u. a. einen Jet zum Bordell um. Damit war dieJustiz komplett abgeschaltet. Die Folge: Konkurs der Babcock BorsigAG, Tausende Arbeitslose, 5 Milliarden Euro Finanzschaden.
Auchden Fall VW ließ man laufen. Graser lieferte später sogardie Damen für das VW-Konzern-Bordell in Braunschweig.Wirtschaftskriminalität quasi unter Justiz-Aufsicht.Verständlich also, dass Spitzel G06 sauer war, als er in derPresse las, was sich bei VW abgespielt hatte. Das wussten er und dieheimische Justiz schon seit Jahren. G06 verlangte Nachschlag. EinPolizei-Spitzel wird nach dem Wert seiner Information bezahlt. Führtdiese zu offiziellen Ermittlungen, erhöht sich sein Salär.Und G06 wollte wissen, warum die Justiz untätig blieb. „Reichteder Filz bis in Justiz-kreise“, fragte der STERN**. Fakt ist, dasses die VW-Affäre nach 2000 nie gegeben hätte, wenn dieJustiz auch nur ansatzweise korrekt gearbeitet hätte. Ein„Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts derUrkundenunterdrückung“ (Aktenzeichen 1141 UJS 63508/05)verlief im Sande. Der Vorgang landete schließlich inBraunschweig - bei den Staatsanwälten der Platzhirsche….
Am 16.Januar 2008 warf Kubicki diesen Staatsanwälten dann inBraunschweig sogar öffentlich Strafvereitlung im Amt vor.Niemand stoppte den kecken Anwalt. Die Anwälte des Staatesver-änderten lediglich ihre Gesichtsfarbe und schwiegen be- bzw.getreten. Auch über diesen einmaligen Eklat in einem deutschenGerichtssaal berichtete nur die Braunschweiger Zeitung***.
DeutscheStaatsanwälte sind - wie in der Nazizeit - weisungsgebunden undwerden von der Politik kontrolliert. Polit-Skandale, wie der bei VW,werden unter den immer noch tiefbraunen Polit/Justiz-Teppichgeschoben. Der Deutsche Richterbund spricht explizit von„Regierungskriminalität“ (HAZ 11.08.2003) undfordert, die Weisungsgebundenheit deutscher Staatsanwälteaufzuheben. Der Richter am Finanzgericht Niedersachsen, NorbertSchlepp, stellte zu diesem Krebsgeschwür des deutschenRechtssystems fest: „Diese Anordnungsbefugnis der Exekutivegegenüber den Staatsanwälten hat in den Jahren ab 1933 dazugeführt, dass Verbrechen der Nationalsozialisten nichtstrafrechtlich geahndet wurden. Die weisungsgebundenen Staatsanwältedurften derartige Verbrechen nicht anklagen. Das Rechtssystem, dasdamals die Staatsanwälte an ihrer Arbeit gehindert hat,existiert als solches immer noch.“ In dieser braunenSollbruchstelle des deutschen Rechtssystems haben Platzhirsche ihreStaatsanwälte im Griff - zum Schaden der Allgemeinheit.
*Braunschweiger (BS) Zeitung 04.09.2009 / **STERN 44/2005 / *** BS-Zeitung 17.01.2008