Deutsche Auswanderer: Jung, weiblich, kinderlos. Statistiken zur Auswanderung aus Deutschland zeigen eineseit Jahrzehnten stabile Auswanderungsrate. "Der vermeintliche Trendzur Auswanderung ist vor allem Medienhysterie".
Die Auswanderungsrate in Deutschland liegt seit mehr als 20 Jahrenbei etwa 0,8 Prozent. Eine aktuelle Untersuchung der LangzeitstudieSOEP am DIW Berlin gibt jetzt erstmals Auskunft darüber, wie sich dieGruppe der Auswanderer zusammensetzt. Dabei zeigen sich erheblicheUnterschiede zwischen Deutschen und Migranten: Während unter denDeutschen vor allem junge und ungebundene Akademiker das Landverlassen, handelt es sich bei den Migranten oft eher um Ältere, die inihre Heimat zurückkehren.
Wer populäre Fernsehsendungen wie "Mein neues Leben" und "GoodbyeDeutschland" verfolgt, der könnte auf die Idee kommen, dassAuswanderung aus Deutschland seit einigen Jahren im Trend liegt.Sämtliche Statistiken zur Auswanderung aus Deutschland zeigen aber eineseit Jahrzehnten stabile Auswanderungsrate. "Der vermeintliche Trendzur Auswanderung ist vor allem Medienhysterie", sagt MarcelErlinghagen, Autor einer aktuellen SOEP-Studie zum Thema Auswanderungin Deutschland. Die Studie untersucht erstens, welcheBevölkerungsgruppen genau auswandern, und zweitens auch, wie es denAuswanderern in ihrer neuen Heimat geht.
Deutsche Auswanderer: Jung, weiblich, kinderlos
Grundsätzlich gilt: Je jünger jemand ist, desto höher ist dieWahrscheinlichkeit, dass er auswandert. Gleichzeitig zeigt sich auch,dass Auswanderer etwas häufiger weiblich sind und meist einenHochschulabschluss haben und kinderlos sind. Der Grund dafür liegt fürMarcel Erlinghagen auf der Hand: "Auswanderung ist auch heute nochimmer eine riskante Entscheidung. Wer ungebunden ist und eine guteAusbildung hat, tut sich damit leichter als jemand, der seine ganzeFamilie mit in dieses Abenteuer nehmen muss." Und in den bevorzugtenAuswanderungsländern - der Schweiz, Österreich und den USA - hätten esAkademiker wesentlich leichter als andere, einen neuen Job zu finden.
Vielfältige Gründe für die Auswanderung
Die Analyse der Auswanderer lässt auch Rückschlüsse auf die Gründeder Auswanderungsentscheidung zu. Dabei zeigt sich vor allem eins: "Esgibt meistens nicht den einen Grund zur Auswanderung. Wer eine solchfolgenschwere Entscheidung fällt, hat dafür meist mehrere,zusammenhängende Gründe.", so Marcel Erlinghagen. Diese Gründe sindmeistens sowohl privater als auch beruflicher Natur - auffällig istaber, dass die Zufriedenheit mit der eigenen wirtschaftlichen Lagemeist keine Rolle spielt.
Auswanderung bei Migranten: Ein völlig anderes Bild
In der SOEP-Studie wird zwischen Deutschen einerseits undMigranten und Deutschen mit Migrationshintergrund andererseitsunterschieden. Mit gutem Grund, denn in dieser Gruppe zeigt sich einvöllig anderes Bild der Auswanderer: Hier sind die Auswanderer deutlichälter, oft Rentner und oft arbeitslos. "Wir verlieren hier vor allemdiejenigen, die überhaupt nicht oder nicht mehr in den Arbeitsmarktintegriert sind", sagt Marcel Erlinghagen. "Dazu kommt dann noch diegroße Gruppe von Auswanderern, die mit dem Eintritt in den Ruhestandweiterwandern oder in ihre Heimat zurückkehren." Und: Je länger jemandin Deutschland lebt, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit, dass erauswandert. Marcel Erlinghagen sagt: "Wenn jemand länger als 20 Jahrein Deutschland lebt, können wir eigentlich gar keine Unterschiede mehrzum Auswanderungsverhalten von Deutschen feststellen."
Auswanderung als Erfolgsgeschichte?
Im Rahmen des Pilotprojekts "Leben außerhalb Deutschlands" hat dasSOEP auch erstmals untersucht, wie es Auswanderern in ihrer neuenHeimat geht. "Die meisten Befragten sagen ganz klar, dass sich ihreLebenszufriedenheit deutlich verbessert hat und dass sie ihreEntscheidung zur Auswanderung nicht bereuen", sagt Marcel Erlinghagen,weist dabei aber auch auf die geringe Anzahl von Befragten hin: "Wirhaben nur etwa 50 Prozent der verschickten Fragebögen zurückbekommen.Das lässt natürlich vermuten, dass eher diejenigen geantwortet haben,deren Auswanderung erfolgreich war." Umso mehr sei deshalb das Sechstelzu beachten, dass seine Auswanderung bereut.
Stichwort SOEP
Das am DIW Berlin angesiedelte Sozio-oekonomische Panel (SOEP) isteine seit 25 Jahren laufende Wiederholungsbefragung. Jedes Jahr werdenmit Hilfe von von TNS Infratest Sozialforschung rund 11 000 Haushaltein Deutschland befragt. Die Daten des SOEP geben Auskunft zu Fragenüber Einkommen, Erwerbstätigkeit, Bildung oder Gesundheit. Weil jedesJahr dieselben Personen befragt werden, wird in den Daten auchfestgehalten, welche Teilnehmer ins Ausland verzogen sind. DieseTeilnehmer wurden für die vorliegende Studie untersucht und im Rahmendes Pilotprojekts "Leben außerhalb Deutschlands" befragt.
© MMnews - Weiterverbreitung nur auszugsweise und mit Link gestattet.