Berlin. Der ehemalige sowjetische Staatspräsident und Generalsekretär
der KPdSU, Michail Gorbatschow hat trotz politischer Differenzen
DDR-Staats- und Parteichef Erich Honecker persönlich geschätzt.
In einem Interview mit BILD am SONNTAG sagte Gorbatschow: “Honecker
war ein ernsthafter Politiker, er hatte Charakter und Ambitionen.“
Gorbatschow weiter: “Erich Honecker hat sicher Fehler gemacht,
aber er wollte seinem Land dienen. Er war ein richtiger Deutscher,
einer, der im Krieg gegen Hitler gekämpft hatte.“
Gleichzeitig kritisierte Gorbatschow in BILD am SONNTAG die starre
Haltung Honeckers zur Zeit der politischen Reformen in Osteuropa.
“Als ich seinerzeit im Kreis der Staats- und Regierungschefs
des Warschauer Pakts über die Perestroika gesprochen habe, sagte
Honecker: ‚Wir haben unsere Perestroika bereits hinter uns.‘
Er meinte damit die Veränderungen, die er nach der Ablösung Walter
Ulbrichts eingeleitet hatte.“ Über die wirtschaftliche Lage der
DDR in den Tagen ihres 40 jährigen Bestehens im Oktober 1989
sagte Gorbatschow: “Das war ja im Vergleich zu den anderen Mitgliedern
des Warschauer Vertrags kein rückständiges Land. Und wenn die
DDR damals einen Reformkurs eingeschlagen hätte, wären die Ergebnisse
noch besser gewesen. Aber Honecker hat diesen Augenblick verpasst.“
Auf die Frage, ob die DDR überlebt hätte, wenn Honecker rechtzeitig
Reformen eingeleitet hätte, antwortete Gorbatschow: “Die Wiedervereinigung
hätte es irgendwann trotzdem gegeben, wenn auch in anderer Form.
Möglicherweise wäre es zunächst nur zu einer Währungsunion und
danach zu einem deutsch-deutschen Staatenbund gekommen.“