Das erste Viertel des 20. Jahrhunderts stand finanztechnisch ganz im Schatten des Kampfes mit der 100-Punkte-Marke. Am 12.01.1906 - drei Monate vor der weitgehenden Zerstörung San Franciscos durch ein Erdbeben mit der Stärke 7,8 - übertraf der Dow Jones Index zum ersten Mal 100 Punkte. Die Freude währte nur etwa einen Monat; der Markt begann eine dramatische Abwärtsbewegung, die in der Panik von 1907 endete. Die New Yorker Börse konnte damals nur durch das beherzte Eingreifen J.P. Morgans vor dem Zusammenbruch gerettet werden.
Im September 1909, ein Jahr nach Produktionsbeginn des Model T durch Henry Ford, fand der nächste Besuch der 100-Punkte-Marke statt. Auch dieser währte nur kurz. Erst sieben Jahre später, getrieben durch die Gewissheit des Sieges der Alliierten, drückte sich der Markt in einer zweijährigen Rallye wieder über diese Linie.
Diesmal war der Aufstieg nachhaltiger. Während die großen, blutigen Schlachten des ersten Weltkriegs tobten (u.a. Verdun), bewegte sich der Dow von September bis Dezember 1916 oberhalb der 100-Punkte-Hürde. Am 21.11.1916 wurde mit mehr als 110 Punkten ein neues Allzeithoch markiert. Doch auch dies war nicht das Ende des Bärenmarktes. Die Preise purzelten nochmals, bevor sie 1919 zu einem neuen Höhenflug ansetzen sollten.
Die Friedenskonferenz in Versailles hatte begonnen, die Alliierten – besonders Frankreich - erhofften sich einen Nachkriegsboom durch deutsche Zahlungen. Am 3.11.1919 wurde mit 119,62 Punkten ein neues Allzeithoch gesetzt. Doch Rezession und Inflation und Revolution bestimmten die Nachkriegswirren; bis Mitte 1921 verlor der Dow fünfzig Prozent an Wert.
Nach einem weiteren Überwindungsversuch im Jahr 1923 erfolgte das nachhaltige Zurücklassen der großen runden Zahl erst Mitte des Jahres 1924; von dort sollten die Kurse sich innerhalb der nächsten fünf Jahre beinahe vervierfachen.
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Der nächste Kampf des Dow Jones Index mit eine großen runden Zahl begann im Jahr 1966. Der Nachkriegs-Bullenmarkt hatte sich erschöpft; im Jahr zuvor waren die ersten US-Truppen nach Vietnam entsendet worden. Revolten und Proteste an den Universitäten begannen, die 1968 ihren Höhepunkt erreichen sollten. Die Beatles und Stones erreichten Mitte der sechziger die ersten großen Erfolge ihrer Karriere.
Am 09.02.1966 wurde der Dow kurz vor dem Erreichen der 1.000-Punkte-Marke bei 995,15 Punkten gestoppt. Auch der zweite Überwindungsversuch scheiterte. Der Dow musste am 3.12.1968 bei 985,21 Punkten die Segel streichen. Einen Monat zuvor war Richard Nixon in einer der knappsten Entscheidungen der Geschichte zum Präsidenten der USA gewählt worden – im Jahr 2000 sollte sich ein ähnliches Drama wiederholen.
Die 1.000-Punkte-Marke wurde zum ersten Mal am 14.11.1972 überwunden. Knapp zwei Monate später – am 11.01.1973 - wurde mit 1051,70 Punkten ein Hoch erreicht, das erst zehn Jahre später übertroffen werden sollte. 1973 war das Jahr des Watergate-Skandals und der Ölkrise. In Deutschland kam es 1972 zum einem konstruktiven Misstrauensvotum gegen den damaligen Bundeskanzler Willy Brandt; das Votum scheiterte. Ein gewaltiger Rutsch der weltweiten Aktienmärkte folgte, der den Dow bis Ende 1974 um fast 50 Prozent gegenüber dem Hoch von 1973 fallen ließ. Der „Tod der Aktien“ wurde in diversen Magazinen verkündet. Das hielt den Dow nicht davon ab, die 1.000-Punkte-Marke bereits 1976 wieder anzugreifen.
Der Höchststand wurde am 21.04.1976 bei 1.011,02 Punkten registriert. Die USA feierten in jenen Jahr ihr 200-jähriges Bestehen, Nord- und Südvietnam wurden zu einem kommunistischen Land vereint; Steve Jobs und Steve Wozniak gründeten die Firma Apple Computer; ein Unternehmen, das auf den Namen „Microsoft“ hört, wird in New Mexiko in das Firmenregister eingetragen; und der Erdnuss-Farmer Jimmy Carter wird zum US-Präsidenten gewählt.
Der nächste Überwindungsversuch startete im Jahr 1981. Doch auch dieses Mal konnte der Dow die große runde Zahl nicht nachhaltig überschreiten. Am 27.04.1981 wurde mit 1024,05 Punkten ein Höchststand registriert. Der in den siebziger Jahren begonnene Goldrausch war inzwischen vorbei, doch die starke Inflation wütete weiter. Ronald Reagan trat sein Amt als US-Präsident an; er und der Papst wurden später bei Attentaten verletzt. Der Space Shuttle startete zu seinem ersten Flug.
Im Herbst 1982 war es endlich soweit, der Dow überwand die große runde Zahl und schaute nicht mehr zurück; selbst ein Crash fünf Jahre später konnte den Index bis zum Jahr 2000 nicht aufhalten.
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Nachfolgend sind beide beschriebenen Perioden auf einem Chart abgetragen. Es zeigt nochmals den gravierenden Widerstand der großen runden Zahl – die 100 bzw. 1.000 Punkte-Marke ist durch die rote Linie gekennzeichnet. Zweites liefert es einen weiteren Beweis für die Synchronität von Bärenmärkten. Die Verläufe sind nicht deckungsgleich, aber ähnlich.
Es ist auch durchaus interessant, dass ein Crash jeweils fünf Jahre nach der finalen Überwindung der großen runden Zahl stattfand (1924 – 1929; 1982 – 1987).
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Die nächste große runde Zahl ist die 10.000-Punkte-Marke. Nach allem, was wir jetzt wissen, erscheint sie als ein gewaltiges Hindernis, dessen Überwindung nicht innerhalb von wenigen Jahren Geschichte sein wird. Findet der Verlauf analog den historischen Vorbildern statt, werden wiederum 16 bis 18 Jahre vergehen, bevor diese Marke endgültig überwunden sein wird.
Der Dow übersprang die 10.000-Punkte-Marke zum ersten Mal am 29.03.1999. Der Höchststand wurde am 14.01.2000 mit 11.722,98 Punkten erreicht. Eine Überschreitung von 11,7 Prozent ist durchaus nichts Ungewöhnliches, wie uns die historischen Vorbilder zeigen.
Ungewöhnlich ist schon eher die Dauer, mit der sich der Dow oberhalb der 10.000-Punkte-Marke halten konnte. Die große runde Zahl des Nikkei ist übrigens die 20.000-Punkte-Marke. Es wird denjenigen auffallen, die sich ein Nikkei-Chart der neunziger Jahre ansehen.
Fazit: Die große runde Zahl lässt sich nicht so einfach überwinden; sie wehrt sich tapfer. Ich gehe davon aus, dass noch viele Kämpfe mit dieser Marke bestritten werden müssen, bevor einen nachhaltige Überwindung stattfinden kann.
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