Ist die aktuelle Rallye an den Börsen wirklich irrational? Aktienwerden als der letzte verbliebene Schutz gegen eine massive Abwertungdes Dollars gekauft. Damit spekuliert der Aktienmarkt indirekt auf eineInflation. Doch wenn die Zinsen erhöht werden, ist das Spiel aus.
Sowohl die FED als auch vieleÖkonomen gehen davon aus, dass die US-Wirtschaft in den nächsten Jahrennicht mehr zu ihren alten Wachstumsraten zurückfinden wird. Es wirddamit gerechnet, dass zwar eine Rezession verhindert werden kann, dieWachstumsraten jedoch auf längere Sicht niedrig bleiben.
Dazu die Entwicklung des US-BIP in Milliarden Dollar:
Wir sehen hier seit Anfang der 80erJahre einen fast linearen Anstieg. Nur in den Crash-Jahren 2000-2002erkennen wir eine sehr kleine Delle, wobei das Wachstum nahezuungebremst fortgesetzt gesetzt wird. Der aktuelle Einbruch desUS-Wirtschaftwachstums ist damit im Vergleich zur Vergangenheitsignifikant.
Nach einer kurzen Wachstumsphase wird es schwierig
Zunächst muss man allerdings davonausgehen, dass sich das Wirtschaftswachstum in den nächsten Quartalenerholt und recht bald auch wieder die alten Hochs aus dem drittenQuartal 2008 erreicht. Doch wenn die stimulierende Wirkung der enormenUS-Konjunkturmaßnahmen und der Niedrigzinspolitik auf die US-Wirtschaftzu Ende gehen, dürfte es für die US-Wirtschaft schwer werden, einselbstragendes Wachstum zu generieren. Wir haben es zurzeit mit einerextrem niedrigen Kapazitätsauslastung zu tun, und auch dieIndustrieproduktion ist deutlich zurückgekommen.
Zinserhöhungen sind unumgänglich
Zwar werden sich diese Werte auchdurch die Konjunkturmaßnahmen und die niedrigen Zinsen schnell erholen,doch im Gegensatz zu 2003-2005 kann die Fed die Zinsen nicht mehrereJahre auf einem derart niedrigen Niveau belassen. Die Gefahr einerInflation wächst zurzeit von Monat zu Monat dramatisch. Gold alsInflationsanzeiger, aber auch andere Rohstoffe, wie Öl reagierenbereits. Kein Wunder also, dass sich Fed-Chef Ben Bernanke bereitsSorgen macht, wie oder genauer wann die Fed auf eine mögliche Inflationreagieren soll. Egal, wann die Zinsschraube angezogen wird, sobald dieZinsen steigen, wird sich das etwas zeitversetzt belastend auf dasWachstum der US-Wirtschaft auswirken.
Der US-Regierung sind die Hände gebunden
Auch von der US-Regierung kann dieWirtschaft wenig Hilfe erwarten. Das enorme US-Haushaltsdefizit wird imGegenteil eher dazu führen, dass der Staat in den nächsten Jahrenmassive Sparmaßnahmen ergreifen muss. Auch diese führen unmittelbar zueiner Belastung der Wirtschaft.
Gefahr einer weiteren Kreditklemme
Noch vertrackter wird die Situation,wenn die Ökonomen Recht behalten sollten und es tatsächlich in 2010 zueiner erneuten Kreditklemme kommen sollte. Schon jetzt zeigt sich, dassdie Kreditvergabe in den USA immer noch höchst restriktiv ist.Allgemein sagt man, dass es fünf Jahre dauert, bis sich der Kreditmarktnach so einem Schock erholt hat. Kredite sind jedoch das Schmieröleiner Wirtschaft. Sollte demnach die schleppende Kreditvergabe in denUSA noch zwei bis drei Jahre fortbestehen oder sich sogarverschlimmern, wird sich auch das belastend auf die US-Wirtschaftauswirken.
Welche Folgen hat das für die Börsen?
Aus diesen Gründen können wir davonausgehen, dass wir in den nächsten fünf bis zehn Jahren keinWirtschaftswachstum wie in den 90er Jahren mehr sehen werden. DieWachstumsdynamik der USA wird sich deutlich erkennbar abflachen. DieFrage, welche die Börsianer interessiert, ist natürlich: Wie wirkt sichein sehr schwaches Wirtschaftswachstum auf die US-Börsen und damit auchauf die Weltbörsen aus?
In diesem Chart habe ich denS&P500 eingefügt (grau). Wenn Sie sich den Kursverlauf der Aktienseit 1990 anschauen, haben die Börsen das dynamischeWirtschaftswachstum der USA im Großen und Ganzen über Kurssteigerungenumgesetzt. Erst mit Beginn der Krisenphase im Jahr 2000 sind die Börsenin eine große Seitwärtsbewegung übergegangen. Kann es sein, dass dieBörse die jetzt zu Tage tretende strukturelle Schwäche derUS-Wirtschaft bereits seit dem Jahr 2000 einpreist?
Dann stellt sich doch die Frage,warum die Börsen zurzeit steigen, als würden die Anleger blühende Jahreungebremsten wirtschaftlichen Wachstums erwarten. Sollten dieKurssteigerungen übertrieben, sogar irrational sein? Nein, es wäre zueinfach, den aktuellen Anstieg mit irrationalem Handeln der Anleger zubegründen.
Gute Gründe, um Aktien zu kaufen
Meines Erachtens macht die Börsezurzeit etwas anderes. Sie nimmt keineswegs ein massivesWirtschaftswachstum vorweg, sondern sie spekuliert auf eine Inflation,beziehungsweise auf eine massive Abwertung des Dollar. WelcheAlternative hat ein US-Investor, um sich vor einer Abwertung desDollars zu schützen?
2002-2007 fungierte derUS-Immobilienmarkt als Fluchtinvestition, um sich gegen eineDollarabwertung zu schützen. Diese Rückzugsmöglichkeit ist durch denImmobilien-Crash verbaut. Ansonsten wird Gold auch immer wieder gernegenutzt, um sein Vermögen vor Währungsturbulenzen zu schützen.Allerdings ist der Goldmarkt sehr klein, der Goldpreis schon nach demletzten Crash deutlich gestiegen. Was also bleibt, sind Aktien.
Eine Abwertungsrallye an den Aktienmärkten
Insofern ist die Rallye an denUS-Märkten alles andere als irrational, auch wenn die Anleger in denUSA nicht von einem dynamischen Wirtschaftswachstum ausgehen. Aktienwerden als der letzte verbliebene Schutz gegen eine massive Abwertungdes Dollars gekauft. Damit spekuliert der Aktienmarkt indirekt auf eineInflation. Und das ist angesichts mangelnder Alternativen auchvernünftig.
Wenn Sie sich nun fragen, warum dereuropäische Markt mitsteigt, obwohl der Euro zum Dollar gerade zu einemHöhenflug ansetzt, so ist auch das nur logisch. Es sind wenigereuropäische Anleger, als US-Anleger, die sich durch eine Investition inEuropa nicht nur vor einer Dollarabwertung schützen wollen, sonderneben genau auf diese spekulieren.
Das Ende dieser Rallye
Das Problem ist dabei folgendes:Sollte die Fed nun zu erkennen geben, dass sie durchaus immer nochbereit ist, der Abwertung des Dollars oder den Inflationsgefahrenentgegen zu treten, indem sie die Leitzinsen anhebt, wird es für dieRallye höchst gefährlich. Sobald die Angst vor einer weiterenDollarabwertung nachlässt, kann es sein, dass das Geld aus demAktienmarkt abgezogen wird. Für Europa wäre das sogar nochgefährlicher, weil zu diesem Zeitpunkt die Spekulation auf einenschwächeren Dollar wieder aufgegeben wird, sprich es käme hier zumassiven Verkäufen!
Unter anderem diese Verkäufe voneuropäischen Aktien und anderer Wertpapiere durch US-Investoren könntenzumindest kurzfristig dazu führen, dass der Dollar eine unerwarteteStärke zeigt und damit noch mehr US-Anleger zwingt, ihre Positionenhier aufzulösen.
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