Nach Angaben der Brüsseler EU-Kommission wird möglicherweise jeder dritte Europäer an der Schweinegrippe erkranken. EU-Gesundheitskommissarin Androulla Vassiliou sagte der in Berlin erscheinenden Tageszeitung DIE WELT (Dienstagausgabe): „Es ist zu befürchten, dass sich das Virus im Laufe der kommenden Monate verändert und deutlich aggressiver wird. Nach allem, was wir wissen, können sich bis zu 30 Prozent der Bevölkerung mit der Schweinegrippe infizieren. In diesem Fall wird man leider auch mit einer erheblichen Zahl von Toten rechnen müssen. Wir müssen wachsam bleiben.“
Die EU-Gesundheitskommissarin warnte zugleich vor den Folgen der Schweinegrippe für die Konjunktur. Vasssiliou sagte: „Man darf die möglichen wirtschaftlichen und sozialen Folgen der Schweinegrippe-Pandemie nicht vernachlässigen. Die wirtschaftliche Erholung in der EU könnte durch die Schweinegrippe geschwächt werden. Bestimmte Wirtschaftszweige, wie Tourismus oder Freizeitindustrie, könnten Einbußen erleiden.“ Außerdem, so die Kommissarin aus Zypern weiter, „sind eine niedrigere Produktivität und Störungen der Produktionsabläufe in den Unternehmen durch höhere Krankenstände und weniger Konsum infolge von Unsicherheit denkbar.“
Vassiliou forderte Schulen bei Infektionen zu schnellem Handeln auf. „Es gibt derzeit keine Notwendigkeit, zur Vorsorge Massenschließungen von Schulen vorzunehmen. Wenn allerdings bei einzelnen Schülern Infektionen mit der Schweinegrippe festgestellt werden, sollten die betroffenen Schulen unverzüglich schließen. Auch im Freizeitbereich sollten dann Gruppenveranstaltungen, wie Sport, Musikunterricht oder Tanzkurse, abgesagt werden“, sagte die Kommissarin. Der Kontakt zwischen den Jugendlichen müsse in solchen Fällen reduziert werden.
Nach Angaben der EU-Kommission könnte es innerhalb der EU durchaus zu einem Wettlauf um den Impfstoff kommen. Vassiliou: „Wenn sich das Virus ausbreitet und aggressiver wird, könnte es durchaus einen Wettbewerb zwischen den Ländern um den Impfstoff geben. Möglicherweise wird aber nur eine Impfung, anstatt wie bisher geplant zwei Impfungen notwendig sein – das wird in Kürze von den europäischen Gesundheitsbehörden entschieden. Es wäre gut, wenn diejenigen Staaten, die dann über zu viel Impfstoff verfügen, etwas davon abgeben könnten an die Länder, die zu wenig haben.“
Die EU-Kommissarin rief zur Impfung auf: „Es ist wichtig, dass sich möglichst viele Menschen gegen die Schweinegrippe impfen lassen. Je höher die Zahl der geimpften Menschen ist, desto weniger kann sich die Pandemie ausbreiten.“