Der Wettskandal, der den europäischen Profifußball seit anderthalb Wochen erschüttert,
nimmt immer größere Dimensionen an. Nach Informationen des SPIEGEL
hat sich die Zahl der betroffenen Länder inzwischen von 9 auf 17 erhöht. Unterdessen
sind offenbar die ersten beschuldigten Profis zu Geständnissen bereit. Ein
früherer Zweitliga-Spieler will dieser Tage gegenüber der Bochumer Staatsanwaltschaft
aussagen, wie Mitglieder der Wettmafia ihm ein Darlehen in sechsstelliger
Höhe gewährten und ihn später zur Manipulation von Spielen gedrängt haben sollen.
Allem Anschein nach hatten der inhaftierte Wettpate Ante Sapina und seine
mutmaßlichen Mittäter nicht nur den Fußball im Visier. In den Ermittlungsakten der
Staatsanwaltschaft finden sich Verdachtsmomente, wonach auch ein Frauen-Doppel
im Tennis im vergangenen April im marokkanischen Fes verschoben worden sein
soll. Unter Manipulationsverdacht steht auch ein Play-off-Spiel der Basketball-Bundesliga
im Juni. Offenbar war das Geschäft mit den manipulierten Sportwetten
äußerst lukrativ. So sollen nach Erkenntnissen der Ermittler allein auf fünf Konten
Ante Sapinas in Asien in einem Zeitraum von wenigen Wochen bis Januar 2009 Guthaben
in Höhe von rund 3,5 Millionen Euro entdeckt worden sein. Die Wettgewinne
sollen dabei von einem in Malaysia ansässigen Mann namens Marc gewaschen
worden sein. Dieser Mittelsmann soll nach Erkenntnissen der Fahnder einen Teil
von Sapinas Wettgewinnen bei asiatischen Anbietern auf Konten der Bank of China
in Hongkong und Malaysia und von dort weiter nach England transferiert haben. Sapinas
Anwalt wollte sich zu den Vorwürfen gegen seinen Mandanten dem SPIEGEL
gegenüber nicht äußern. Als möglicher Mittelsmann zum asiatischen Wettmarkt
taucht in den Unterlagen der Bochumer Staatsanwaltschaft der Malaysier William
Bee Wah Lim auf. Lim gilt als schillernde Figur in der illegalen Wettszene. Im Juni
2007 verurteilte ihn das Frankfurter Landgericht wegen Verabredung zum gewerbsund
bandenmäßigen Betrug zu zwei Jahren und fünf Monaten Haft. Er hatte seine
Versuche gestanden, sechs Spiele in der deutschen Zweiten Liga und in den Regionalligen
sowie zwei Partien der ersten österreichischen Liga zu manipulieren. Inzwischen
ist er wieder auf freiem Fuß und untergetaucht, seit Januar 2008 besteht
gegen ihn ein Haftbefehl. Führende Köpfe der jetzt inhaftierten mutmaßlichen
Wettbetrüger, darunter auch Ante Sapina, sollen bis zuletzt Kontakt zu Lim gehabt
haben.
DER SPIEGEL 49/2009