„DieGesellschaft und zwei renommierte Rechtsexperten haben die von derBaFin bzw. der Staatsanwaltschaft erhobenen Vorwürfe eingehend geprüft.Dabei haben sich keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass sich Herr Dr.Wiedeking oder Herr Härter der Marktmanipulation schuldig gemachthaben.“
Marktmanipulation liegt laut Wertpapierhandelsgesetz (WPHG)unter anderem dann vor, wenn „unrichtige oder irreführende Angaben“gemacht werden, welche den Aktienkurs beeinflussen könnten. Eineoffizielle Äußerung von Porsche am 25. September 2005 könnte sich nunals eine solche „irreführende Angabe“ entpuppen. An diesem Tag hattePorsche den Einstieg bei VW bekanntgegeben. In einer Pressemitteilungversicherte das Unternehmen: Die Beteiligung werde „auf keinen Fall“die Schwelle erreichen, bei der Porsche ein öffentliches Angebot zurÜbernahme von Volkswagen abgeben müsse. Diese Schwelle liegt bei 30Prozent.
Eineinhalb Jahre später entschied Porsche, doch dieSchwelle von 30 Prozent zu überschreiten. Wie aus einem Schreiben vonPorsche hervorgeht, hat das Unternehmen damit jedoch keinen plötzlichenSinneswandel vollzogen. Vielmehr spielte Porsche schon vor und währenddes Einstiegs im Jahr 2005 eine vollständige Übernahme von VW durch.Deshalb könnte das Unternehmen mit der damaligen Erklärung, mit derBeteiligung an VW „in keinem Fall“ über 30 Prozent zu gehen, denKapitalmarkt manipuliert haben.
Das Schreiben, in dem sich derHinweis auf die frühzeitigen Überlegungen von Porsche findet, stammtvom 24. November 2009 und wurde von Porsche-Justiziar Konrad Wartenbergunterzeichnet. In dem Papier, das der WirtschaftsWoche vorliegt, heißtes wörtlich: „Bereits vor dem Einstieg bei VW hatte die Porsche SEdiverse Szenarien für den Beteiligungserwerb (…) geprüft. Zu diesenSzenarien gehörte u.a. der Erwerb einer Sperrminorität, (…) dasÜberschreiten der 50%-Schwelle, (…) der Abschluss eines Beherrschungs-und Gewinnabführungsvertrages zwischen Porsche SE und VW, bis hin zueinem Squeeze-out. Auch nach dem Einstieg bei VW im September 2005wurden die verschiedenen Szenarien fortlaufend überprüft.“
NachEinschätzung des Wirtschaftsrechtlers Thomas Möllers, Professor an derUniversität Augsburg und Experte für Fragen der Marktmanipulation,legen die Widersprüche zwischen den Angaben des Porsche-Justiziars undder Äußerung aus dem Jahr 2005 den Verdacht nahe, dass der Marktmanipuliert wurde. Für die ermittelnden Staatsanwälte, so Möllers,müssten diese Angaben von hoher Bedeutung sein, da ein vorsätzlicherVerstoß gemäß § 20 a WPHG im Sinne einer unrichtigen und irreführendenAngabe plausibel ist.
Porsche weist wie zu erwarten den Vorwurf derMarktmanipulation zurück. „Die Aussage, wonach die Beteiligung aufkeinen Fall die Schwelle erreicht, bei der Porsche ein öffentlichesAngebot zur Übernahme von Volkswagen abgeben müsste, steht nicht imWiderspruch dazu, dass Porsche bereits vor dem Einstieg bei VW diverseSzenarien für den Beteiligungserwerb geprüft hat“, heißt es in einerStellungnahme aus Stuttgart. Am 25. September 2005 hättten Vorstand undAufsichtsrat der Porsche AG entschieden, dass sich die Dr. Ing. h.c. F.Porsche AG mit rund 20 Prozent des stimmberechtigten Kapitals an derVolkswagen AG beteiligen werde. „Inhalt der Beschlüsse war es, dass dieBeteiligung auf keinen Fall die Schwelle erreichen durfte, bei derPorsche ein öffentliches Angebot zur Übernahme von Volkswagen hätteabgeben müssen. Die Pressemitteilung vom 25. September 2005 gab somitdie seinerzeitige Beschlusslage und Absichten zutreffend wieder. Siesteht auch nicht im Widerspruch zu der Tatsache, dass Porsche bereitsvor dem Einstieg bei VW diverse Szenarien für den Beteiligungserwerbgeprüft hatte und dies auch danach fortlaufend getan hat. Es gehört zumpflichtgemäßen unternehmerischen Vorgehen, dass möglicheunternehmerische Strategien geprüft werden“, argumentiert der Sprechervon Porsche SE. Für Schadensersatzansprüche gegen Porsche wegenangeblicher Marktmanipulation gebe es deshalb „keine Grundlage“.
SollteWiedeking und Härter allerdings eine Marktmanipulation nachgewiesenwerden, könnten auf die Porsche SE und damit den neuen EigentümerVolkswagen Schadenersatzforderungen in Milliardenhöhe zukommen. DennPrivatanleger und Investmentfonds haben durch Kursturbulenzen, diedurch die möglichen Manipulationen ausgelöst worden sein könnten,Milliarden Euro verloren. Die Münchner Anwaltskanzlei CLLB vertrittgemeinsam mit einer internationalen Kanzlei „mehrere deutsche undausländische institutionelle Anleger, die Ansprüche auf Ersatz inMilliardenhöhe haben“, wie CLLB-Anwalt Franz Braun gegenüber derWirtschaftsWoche bestätigte. Weitere Kanzleien in Deutschland bereitennach Informationen der WirtschaftsWoche Klagen in ähnlicher Höhe vor.