Ludwig Poullain, der ehemalige Vorstandschef der WestLB, hat dasVertrauen in seine Bankiers-Kollegen verloren. „Ich traue denen alleszu, aber ich vertraue ihnen nicht mehr“, sagte Poullain demHandelsblatt (Mittwochsausgabe). Banken seien von Dienstleistern zu„Produzenten“ geworden, die sich vor allem mit virtuellen Geschäftenund Produkten befassten. Das sei eine wichtige Ursache für dieFinanzkrise. Ludwig Poullain führte die WestLB von ihrer Gründung 1969bis 1977. Am heutigen 23. Dezember begeht er seinen 90. Geburtstag.
NachEinschätzung von Poullain falle es vielen Bankern schwer, sich ihrerMitverantwortung für die Wirtschaftskrise zu stellen: „Der Begriff derMoral in unserer Gesellschaft wird unscharf, und mein Berufsstand istda besonders gefährdet.“ Das Fachwissen, das ein Banker brauche, seigeringer als das eines Ingenieurs. „Die Folge ist, dass man dann auchoberflächlicher ist – und urteilt“, sagte Poullain. „Einem HerrnAckermann zum Beispiel wird der Bürger nie Vertrauen schenken können,allein schon wegen seines Zickzackkurses.“ Mal lasse derDeutsche-Bank-Chef Banken wie die IKB oder die Hypo Real Estate mitStaatsgeld retten, ein anderes Mal sage er, er würde sich schämen,selbst Steuergelder anzunehmen.
Für Poullain trägt allerdingsauch die Gesellschaft als Ganze Mitschuld an der Finanzkrise. „Auchviele Kleinsparer wollten sich ja mit herkömmlichen Renditen nichtzufrieden geben“, kritisierte Poullain. Privatanleger, die etwa mitLehman-Zertifikaten ihr Erspartes verloren haben, seien selbst daranschuld. „Die Finanzkrise kommt aus der Mitte der Gesellschaft“, soPoullain
Vom Start der neuen Bundesregierung ist Ludwig Poullainenttäuscht. „Wenn angesichts der Lage eine der ersten wichtigenRegierungshandlungen ist, die Mehrwertsteuer für Übernachtungen zusenken, ist das nicht erschreckend?“ Bei den Koalitionsverhandlungensei es doch nur darum gegangen, „alle Wahlversprechen in denKoalitionsvertrag zu schreiben“.