Berlin. Der Westen sollte sich nach Überzeugung von Verteidigungsminister
Karl-Theodor zu Guttenberg von dem Ziel verabschieden, in Afghanistan
eine Demokratie nach westlichem Vorbild zu etablieren. In der
BILD am SONNTAG sagte der CSU-Politiker: “Ich bin schon länger
zu der Überzeugung gelangt, dass Afghanistan gerade wegen seiner
Geschichte und seiner Prägung sich nicht als Vorzeige-Demokratie
nach unseren Maßstäben eignet. Und wir müssen uns fragen, wer
von den Aufständischen stellt eine ernsthafte Bedrohung für die
Staatengemeinschaft dar und wem geht es um afghanische Angelegenheiten.
Die Frage der Menschenrechte muss dabei einbezogen werden, ohne
die gewachsenen Kulturen in Afghanistan zu ignorieren.“
Für eine dauerhafte Befriedung Afghanistans kann nach Überzeugung
Guttenbergs nicht ausgeschlossen werden, auch gemäßigte Taliban
an der Regierung zu beteiligen. Zur Begründung sagte der Minister:
“Weil wir in einem Land mit einer so großen regionalen Vielfalt
nicht einen ganzen Volksstamm wie die Paschtunen außen vor lassen
können, wenn wir tragfähige Lösungen für die Zukunft wollen.“
Allerdings: “Gespräche und eine Einbindung dürfen freilich nicht
ohne Bedingungen vorgenommen werden. Inakzeptabel wäre der Gedanke
etwa, wenn universell geltende Menschenrechte unmittelbar ausgehebelt
würden.“
Guttenberg erinnerte daran, dass er in der Vergangenheit zu der
Einbeziehung der Taliban eine gegenteilige Auffassung vertreten
habe: “Wir müssen allerdings eine Vielzahl von, auch steinigen,
Wegen beschreiten, um den momentanen Realitäten in Afghanistan
gerecht zu werden.“