Manipulierte Märkte
Anders als die Ökonomen wissen Kybernetiker, dass die Welt ein äußerstkomplexes System ist, welches sich nie vollständig erkennen und deshalb auchnicht in ihrer Gesamtheit kontrollieren lässt.
Deshalb ist Kybernetik eineadaptive Technologie, die inmitten der vernetzten Entwicklungen steht undergebnisoffene Mustersuche in einem System durchführt. Wenn die Notenbanken undPolitik die Ergebnisoffenheit nicht mehr zulassen, weil sie durch Bailouts undKonjunkturprogramme ein bestimmtes Ergebnis herbeiführen wollen, muss dieseVorgehensweise zwangsläufig scheitern.
Der Grund hierfür liegt darin, dass diereduktionistische, lineare Denkweise der Natur- und Sozialwissenschaften, der nichtlinearenDenkweise der Kybernetik hoffnungslos untelegen ist. Der vielleicht größtekybernetische Vordenker, noch bedeutender als Norbert Wiener dürfte Ross Ashbysein. Seine berühmteste Erfindung war eine Maschine, die er in den späten 40erJahren baute: der Homöostat.
Hierbei handelte es sich um ein elektrischesGerät, welches Inputs in Outputs verwandelte. Sein wichtigstes Attribut warstets einen stabilen Zustand zu finden. Davon kann in der heutigen Welt derÖkonomie jedoch keine Rede sein, da mit allen Maßnahmen, die von Bernanke &Co. getroffen werden, die Instabilität langfristig erhöht wird. Norbert Wienerwusste schon damals wie wichtig die Schaffung von Stabilität ist, als er denHomöostat von Ashby als „einer der größten philosophischen Beiträge derheutigen Zeit“ beschrieb. Wer sich mit komplexen Systemen befasst, kommt nichtumhin sich mit geschlossenen, hoch vernetzten Kreisläufen zu beschäftigen.
Der Blick nach Innen
Entscheidend für die Akzeptanz der Kybernetik ist, diese in der wirklichen Weltzu testen. Und welche Welt könnte wirklicher sein als die Ökonomie.
Reflexivität und Rückkopplung bilden ein Geschwisterpaar, welches erlaubt, dieWirtschaft nicht als Ökonom oder Analyst, sondern als Kybernetiker zuuntersuchen. Dieser Blick ist ein Blick nach Innen, d.h. der Betrachter istendo und er untersucht das System aufgrund seiner inneren Strukturen, die sichim Laufe der Zeit ändern können.
Die Kybernetik sieht die Ökonomie als eininterdisziplinäres Netzwerk und nicht als ein auf Gleichgewicht ausgerichtetesSystem, weshalb es völlig anderer Analyseansätze bedarf, um Systeme, die sichfern vom Gleichgewicht befinden, zu untersuchen.
Hierbei stellt sichinsbesondere die Frage wie sich in solchen Systemen immer wieder Stabilitätentsteht und wie es dazu kommt, dass urplötzlich Phasen der größtenInstabilität über diese Systeme hereinbrechen können.
In der Wirtschaftentstehen öfter scheinbar stabile Blasen, die plötzlich instabil werden und ineinem Crash wie im Oktober 2008 enden. Eine sehr interessante Definition fürKybernetik stammt von Louis Couffignal der 1956 schrieb: „Die Kybernetik istdie Kunst die Wirksamkeit einer Handlung sicherzustellen.“
In den Finanzmärktenbedeutet dies, dass es eines Lenkungsmodells bedarf, welches erlaubt, Stabilitätzu erzeugen. Da dies sehr wenigen Zentralbankern gelingt, ist es notwendig,kybernetische Lenkungscockpits in den Finanzmärkten einzusetzen. Nur dieseerzeugen die notwendige Vielfalt, um die Vielfalt der möglichen Optionen in diesich die Kurse bewegen können, in ihrer gesamten Komplexität zu untersuchen.
Systeme und Kontrolle
Kontrolle ist eine Eigenschaft von Systemen. Damit gelingt es diesen sichselbst am Leben zu erhalten. Geht ein System in einen unkontrollierten Zustandüber, kann es sich selbst oder durch andere zerstört werden.
Deshalb sollteeine Ökonomie, wie dies bei Krisen immer wieder geschieht, nie in einenunkontrollierten Zustand übergeben. Derartige Zustände können durch einfalsches Timing, Finanzierung auf Kredit, zu hohen Leverage oder eine falschePortfoliozusammensetzung entstehen, weshalb ein Zentralbanker alles daransetzen muss, durch Money und Risk Management diese zu vermeiden.
DasBankingcockpit (www.bankingcockpit.com)wurde entwickelt, um hier Abhilfe zu schaffen, damit Zentralbanken frühzeitiggegensteuern und hiermit die Risiken minimieren können. Um dies zugewährleisten benötigt man ein Lenkungsinstrumentarium, welches nicht nureinfache (z.B. Billiardspiel) oder komplexe (z.B. Planetenbewegungen) Problemeuntersuchen kann, sondern auch besonders komplexe Systeme wie z.B. dieÖkonomie.
Die heute eingesetzten Analyseinstrumente zum Verständnisökonomischer Zusammenhänge sind jedoch höchst naiv, da sie sich nur mit linearenAbhängigkeiten beschäftigen und nicht nichtlinearen Wechselwirkungen inökonomischen Modellen ausgeblendet werden. Um nichtlineare Systeme lenken zukönnen, muss man sich mit dem Phänomen des Feedback, d.h. der Rückkopplungbefassen, da es der einzige wirksame Mechanismus für ein System ist, sich denveränderten Situationen anzupassen.
Wechselwirkungen sind relativ zueinander
Da in komplexen Systemen die Veränderungen von Parameternrelativ zueinander verlaufen, ist es oftmals schwierig zu sagen, ob diese voneinem Input oder einem Kontrollglied herbeigeführt werden.
Dies liegtinsbesondere daran, dass kybernetische Kausalität stets zirkulär ist, d.h.Ursachen und Wirkungen sind nicht immer eindeutig voneinander zu unterscheiden.Dies gilt vor allem für die Finanzmärkte. Diese sind in ihren Entwicklungenhierbei wie ein Organismus zu betrachten, der sich wie ein adaptivesLenkungssystem verhält. Wer dieseds untersucht braucht deshalb einIndikatorensystem, welches lernfähig ist, d.h. sich den Entwicklungstrends, diedas System vollzieht, anpassen kann. Um lernen zu können, brauchenZentralbanken ein Mustererkennungssystem, welches den tatsächlichen Zustand vonkomplexen Systeme offenbart.
Da die heutigen Notenbanken und Finanzministerüber ein solches nicht verfügen, betreiben diese einen gefährlichen Blindflug.Ebenso wie das Gehirn als solches nicht lernt, sondern nur das System welchesim Gehirn entwickelt wird, ist es auch an den Finanzmärkten.
DieEntschlüsselung der Muster an sich ist noch nicht das Lernen einesZentralbankers, sondern deren Interpretation im zeitlichen Verlauf und dieständige Anpassung an Veränderungen der Parameter ermöglicht es, die richtigengeldpolitischen Entscheidungen zu treffen.
Hierbei gilt, dass die quantitativenVeränderungen den Weg zu einem qualitativen Wandel weisen, wenn es denZentralbankern gelingt, diejenigen Muster zu erkennen, die Stabilität erzeugen.
Die Kunst besteht somit darin, aus quantitativen Daten eine möglichst hoheAuswertequalität zu erzeugen, die es den Entscheidern erlaubt, die richtigenEntscheidungen für eine möglichst hohe Stabilität der gesamten Ökonomie zutreffen.
Die Systeme werden hierbei umso stabiler, je besser es gelingt, die zugrundeliegenden Wechselwirkungen zu verstehen. Das gewollte oder ungewollte Scheiternvon Zentralbankern, Interdependenzen zu erkennen, erzeugt aktuell eine immergrössere Instabilität. Wird hier nicht bald Abhilfe geschaffen, werden uns dieweltweiten Zentralbanken mit ihrem ökonomischen Blindflug deshalb zwangsläufigin den ultimativen Staatsbankrott führen.