Der Gesellschaftswissenschaftler an der Universität Jena, Hartmut Rosa,fordert in der ZEIT eine Besinnung auf die "Kulturtechniken der Muße".Dem Innehalten stehe aber im Weg, dass "wir ständig das Gefühl haben,Zeit sei kostbar und dass sich deshalb jede Aktivität rechtfertigenmüsse". Der Soziologe erforscht die Beschleunigung des modernenAlltags: "Wir versuchen, mehr Dinge in kürzerer Zeit zu erledigen. Wiressen Fast Food, statt in Ruhe zu kochen, machen Multitasking auf derArbeit, power nap statt Mittagsschlaf oder lassen die Pausen gleichganz weg."
Der Versuch, immer mehr Erlebnisse in einen festen Zeitraum zu packen,stets zwischen konkurrierenden Alternativen abzuwägen, koste vielEnergie - "beschäftigt uns permanent unbewusst und bindetDenkressourcen", sagte Rosa. Das große Missverständnis in einer"Beschleunigungsgesellschaft" sei es, zu meinen, man könne souveränüber seine Zeit bestimmen. "Wenn die ganze Gesellschaft beschleunigt,kann ich nicht einfach individuell langsamer laufen, sonst stolpere ichund falle auf die Nase", sagte er.
Als kollektives Problem werde die Entwicklung aber noch nichtverstanden. "Gegen die Beschleunigung einer ganzen Gesellschaft müssenalle individuellen Entschleunigungsstrategien fast notwendigerweisescheitern. Kaum jemand sagt, dass es ein strukturelles,gesellschaftliches Problem ist." Dabei zeigen mittlerweile nicht nurPsychologen und Soziologen, sondern auch Neurowissenschaftler, wiewichtig die Muße sei.