Von Martin Mack, Herwig Weise und Volker Schnabel
Während der im Dezember2008 bereits seit über einem Jahr lang andauernden Finanzkrise war sich Prof.Klaus Zimmermann, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung(DIW), seines nach eigenen Worten erfolglosen „Stocherns im Nebel“ überdrüssig und bewertete auch die Prognosen seinerZunft als „Anmaßung von Wissen“. Forderteer damals sichtlich frustriert, die Bevölkerung künftig nicht mehr mit „Prognosen zu verwirren“, so reihte er sich nach überstandener (Sinn)Krise nurzehn Monate später wieder selbstbewusst in die Phalanx der Main-Stream-Ökonomenein: „Die Wirtschaft ist in derNormalität zurück, die Rezession ist passé. Es lassen sich wieder mit gutem GewissenPrognosen erstellen.“
Kaum sind ersteStabilisierungstendenzen in der Wirtschaft sichtbar, lassen er und dierestlichen Wirtschafts-„Wissenschaftler“ uns auf dieser Basis an ihren 1-2%Wachstumsvisionen für 2010 und 2011 teilhaben ... ceteris paribus. „In den meisten Modellen, die wir für unsere Vorhersagen nutzen“, so Prof.Zimmermann, „kommen Finanzkrisen nichtvor“ … und beruhigte damit aber vor allem die Gemeinde der Politiker, denendiese risikobefreiten Prognose-Modelle schließlich als seriöse „Basis für neue Haushaltspläne“ dienen.
Dass die Ökonomieelite mitihren esoterischen mathematischen Gleichgewichtsmodellen keine der seit 1998 inimmer kürzeren Abständen auftretenden Finanzkrisen vorhersagen konnte, und dassihre volkswirtschaftlichen – keynesianischen – Theorien offensichtlich keinengrößeren Erklärungswert haben als das Weltbild des Mittelalters: „Die Erde isteine Scheibe, und die Sterne sind auf einen Vorhang gemalt“, stört die grandiosan der Realität gescheiterten Mainstream Ökonomen nicht im geringsten; dennschließlich ist ja, wie es der Wirtschaftsnobelpreisträger von 1998 – MauriceAllais – sogar einmal bemerkte, nicht „dieTheorie falsch, sondern die Wirklichkeit.“ Und so wissen die Ökonomen, diebis heute großen Einfluss auf das politische Handeln haben, selbstverständlich wiedergenau, mit welchen Maßnahmen diese Krise überwunden werden kann.
Um aber die Konsequenzendieser Politik zu beurteilen und einen realistischen Blick auf die Wirklichkeitzu werfen, hält man sich besser an Ökonomen wie Nouriel Roubini, der dieFinanzkrise kommen sah, weil er einfach mal … „genau hinschaute“.
„Die Probleme, die es in der Welt gibt, sind nichtmit der gleichen Denkweise zu lösen, die sie erzeugt hat.“ (Albert Einstein (1879-1955), angesichts derWeltwirtschaftskrise von 1929)
„Wann, wenn nichtjetzt“ hoffteJochen Sanio, Chef der deutschen Finanzaufsicht BaFin, noch im November2008, den Banken regulatorische Grenzen setzen zu können. Nach Barack ObamasWahlsieg wurde diese berechtigte Erwartung durch dessen Stabschef Rahm Emanuelnoch einmal verstärkt: „Regel Nummer 1: Verschwende nie eine Krise; sie gibtuns die Gelegenheit große Dinge zu tun.“
Dochso groß die Worte, so klein die Taten. Ein nach üppigen Wahlspendenaus dem Finanzsektor große Frustration bekundender US-Präsident muss heute nacheigenen Worten erkennen, nur „einer Gruppe von Fat-cat-Bankern aus derPatsche geholfen“ zu haben, die von der bedingungslosen Rettung durch „Steuergelderprofitierten“, und, durch „moneyfor nothing“ in Billionenhöhe „erfolgreich“wiederbelebt, „mit Zähnen und Klauen gegen eine Finanzregulierung kämpfen.“… und das erfolgreich!
Bezeichnete BaFin-ChefJochen Sanio im August 2008 die Rating-Agenturenzu Recht als „die größte unkontrollierteMachtstruktur im Weltfinanzsystem“, so sind sie es heute … noch immer! Obwohldie teilweise kriminellen Machenschaften der alles andereals unabhängigen Rating-Agenturen bei der „Diversifizierung von US-Giftmüll“ imWeltfinanzsystem eine wesentliche Ursache der Finanzkrise waren, wird dieNutzung der „ABC“-Bonitäts(fehl)einschätzungen Banken und Versicherungen fürihr Risikomanagement vom Gesetzgeber bis heute zwingend vorgeschrieben. Dabeiwussten nach einer durch die US-Aufsichtsbehörde SEC veröffentlichenAgentur-internen E-Mail vom 15.06.2006 die Verantwortlichen dort bereits schonlange vor Ausbruch der Finanzkrise von den resultierenden Risiken ihrerinflationär mit „AAA“ prämierten Subprime-CDOs: „Hoffen wir, dass wir alle reich und pensioniert sind, wenn diesesKartenhaus einstürzt.“ Beides ist bekanntlich eingetreten, ohne dass sich aberan der Ratingpraxis irgendetwas geändert hätte.
So nahm Standard &Poor´s die mit Rekord-Geschwindigkeit steigenden Ausfallraten beiUS-Gewerbeimmobilien am 14.07.2009 zum Anlass,die darauf basierenden „AAA“-CMBS-Kredittranchen der Wall Street-Größen GoldmanSachs, JP Morgan Chase und Wachovia auf nur noch knapp besser als Ramsch („BBB-„)herabzustufen. Damit disqualifizierten sich diese (Wert-)Papiere jedoch für das200 Mrd. US-TALF-Aufkaufprogramm der US-Notenbank FED … aber nur ein paar Tagelang! „Wir haben eine Reihe vonNachfragen von Marktteilnehmern erhalten in Bezug auf unsere Vorgehensweise beider Einstufung, die uns veranlasst haben, unseren Ansatz klarzustellen.“Dieser neue Ansatz führte zu einer V-förmigen Erholung des Ratings auf … „AAA“– denn, so Frank Reither von S&P, „Profite bestimmen das Geschäft.“
Auch dem bis heuteunverkäuflichen toxischen CDO-Subprime-Eigenbestand der Banken hauchen Moody`sund Co wieder „neues“ Leben ein. Unter neuem Namen – Re-Remics (Resecurizations of Real EstateMortgage Investment Conduits) – werden die einstigen Publikumslieblinge innovativzusammengestellt, verpackt und anschließend wieder mit dem höchsten AAA-Gütesiegelfür handverlesene Subprime-Qualität veredelt, um diese dann ganz im Sinne einesAlan Greenspan „sehr viel annehmbarer“ unter „AAA“-Anlagenotstands-Investoren auf „höchst geordnete Art und Weise neu zu verteilen.“
„Es ist vielleicht nicht sinnvoll, sichausschließlich auf unsere Ratings zu stützen“, warnte mit David Teicher von Moody`s einer derVertreter des Rating-Kartells vor sich selbst. Dennoch verweigern sich dieVerantwortlichen auch nur die nächstliegende Lehre aus der Finanzkrise zuziehen, indem sie den heimlichen Herrschern des Finanzsystems ihre Machteinfach dadurch nehmen, die Verwendung von Ratings nicht mehr vorzuschreiben.
Welche absurd bedeutendeRolle den drei großen Rating-Agenturen im Weltfinanzsystem immer nochzugebilligt wird, zeigen die Marktturbulenzen, die kürzlich durch die von „A-“ auf „BBB+“ erfolgte Bonitätsherabstufung griechischer Staatsanleihenseitens Fitch im Euroraum auftraten. So wird die Herabstufung für Griechenlandund die Liquiditätsversorgung griechischer Banken vor allem deshalb einProblem, weil die Europäische Zentralbank selbst (!) die Akzeptanz vonStaatsanleihen als Sicherheit gegen die Ausgabe von Geld vom „ABC“-Orakeldieser Rating-Agenturen abhängig macht und damit freiwillig nichts weniger alsdie Kontrolle über … die eigene Währung abgibt!
„Man musssich von dem Gedanken frei machen, dass unsere wirtschaftlichen Probleme mitTheorien, Regeln und Formeln angefasst werden können.“ (Hjalmar Schacht, deutscher Bankier,1877-1970)
Währenddas Bankgeschäft einige hundert Jahre lang „auf dem Vertrauen in dieRedlichkeit und in die Zahlungsfähigkeit des Geschäftspartners beruhte“, soHjalmar Schacht, und „der Bankier sich eine genaue Kenntnis desCharakters, des Vermögens und der Tüchtigkeit seines Kunden beschaffen musste“,hat sich dieses mit der verpflichtenden Verwendung von mathematischenRisikomodellen im Zuge der Einführung der Basel-I-Eigenkapitalvorschriften 1988komplett geändert. Nach Aussage der Deutsche Bundesbank war es dabei ein„wesentliches Ziel, die Kapitalanforderungen an Banken stärker als bisher vomeingegangenen Risiko abhängig zu machen.“ Doch mithilfe der dafür entwickeltenmathematischen Modelle wurden diese Risiken von den Banken so kleingerechnet(oder in Zweckgesellschaften ausgelagert), dass sie darüber jene gigantischenKredithebel aufbauten, mit denen sie sich schließlich selbst und dasFinanzsystem in den Ruin treiben konnten, denn ... die wirkliche Welt weigertesich einfach, diesen Modellen zu folgen.
Denn,nachdem z.B. die Immobilienpreise in sämtlichen Regionen der USA über mehrereJahre (1997-2006: +83%) nur stiegen, kamen die Risikomodelle selbst noch 2006 –auf dem Höhepunkt der Immobilienspekulation! – zu dem unglaublich sinnvollen Ergebnis,dass es mit nahezu 100%iger Wahrscheinlichkeit keine Risiken mehr gibt, weil esin der Vergangenheit keine Risiken gab. „Mathematik ist“, nach AlbertEinstein, eben „die perfekte Methode, sich selbst an der Nase herum zuführen.“
AuchBundesbank-Chef Prof. Dr. A. Weber scheint inzwischen erkannt zu haben, dass über eine ausgeweitete Regulierung keine Besserung im Systemerzielt werden kann. „Man darf nicht erwarten, dass Regulierer weitsichtigersind als das Risikomanagement der Banken, dafür werden sie nicht bezahlt!“ Aber obwohl es Regulierern offensichtlich an der nötigen Weitsichtigkeit fehlenmuss, verordnen sie unverändert die Anwendung dieser unbrauchbaren „Try &Try“ Risikomodelle.
Und,obwohl nach Worten von Prof. Dr. A. Weber „Transparenz eine entscheidende Voraussetzung für Finanzstabilität“(12.10.2007) ist, hat sich seine damals zugleich geäußerte Idee, die Bankennach der Krise nur ja nicht mit „Transparenzübungen zu überfordern“ durchgesetzt.
Sowurde die Bilanzierung zu Marktpreisen (fair value)für Banken als Vertrauen entziehender und verlustverstärkender Effektauserkoren und … mit einem Federstrich abgeschafft! Denn ohne diesen Schritthätten die Banken ja sofort erklären müssen, weshalb und in welcher Höhe sie dieSpareinlagen der Kunden an den Finanzmärkten verspekuliert haben, statt ausschließlichihrer Aufgabe nachzukommen, Kredite an die Wirtschaft zu vergeben! Doch zugunsteneiner (Schein)Solvenz, wieder sprudelnder (Schein)Gewinne und sofort fälliger (realer)Boni wurde dem Finanzsektor als erste Regulierungsmaßnahme nun … die Bilanzfälschunggesetzlich verordnet.
„Ganzgroßes Kino“ als Lehre aus der Krise bietet auch der für Bankenbilanzierungzuständige Baseler Ausschuss, dem Notenbanker und Finanzaufseher aus 27Industrie- und Schwellenländern angehören. Dieser drohte dem Finanzsektor mit deutlichschärferen Eigenkapitalvorschriften und lässt die Banken jetzt ... Lobliederanstimmen. Für frühestens 2012 kündigten die selbst ernannten Lobbyisten nun Maßnahmen inkl. Übergangsfristen an, die allerdings„eine gesicherte Erholung der Weltwirtschaft“ (?!) als erfüllte Bedingungvoraussetzen. Würde die im Mai 2009 verabschiedete europäischeKapitaladäquanzrichtlinie die Grundlage für die möglichen Fristen bilden,könnten die Banken zehn Jahre (!) lang … weiter machen wie bisher, um sich dannbis 2040 (!) mit den neuen Regeln – gewohnt kreativ – anzufreunden.
Aber vielleicht bestehtja doch noch ein Funken Hoffnung in eine erfolgreiche Regulierung. „Mitder neuen Fassung der MaRisk (Mindestanforderungenan das Risikomanagement von Kredit- und Finanzdienstleistungsinstituten)trägt die BaFin den Erkenntnissen aus der Finanzmarktkrise Rechnung“(BaFin, 14.08.09) und verordnete mit Frist zum 31.12.2009 allen deutschenFinanzinstituten „die von Ihnen betriebenen Geschäftsaktivitäten zukünftig zu verstehen.“ (Teil AT 8). Für die großen deutschenLandesbanken ohnetragfähiges Geschäftsmodell, die jetzt sogar verstehen müssen, dass sie alssystemrelevant auserkorene Spielhöllen deutscher Provinzpolitiker mitSteuergeldmilliarden spekulieren, bedeutet das natürlich die Höchststrafe.
„WennBanken zu groß sind, pleite zu gehen, dann sind sie einfach zu groß.“ (Mervin King, britischerNotenbankchef, 2009)
Weltweithaben die Banken ihre Lehre aus der Finanzkrise gezogen und ihre Risikomodelleso angepasst, dass im Gewinnfall der „Moral Hazard“-Joker sticht oder imVerlustfall … der Steuerzahler haftet; und als ob es keinen Beinahe-Kollaps des Finanzsystems gegeben hätte, nutztdie Finanzindustrie den Blankoscheck der Regierungen und den Ihnen unbegrenztzur Verfügung gestellten Null bis ein Prozent-Kredit der Notenbanken, um Aktienoder Anleihen oder Rohstoffe innerhalb weniger Monate erneut in eine … Blase zutreiben.
Die jedoch historischgrößte Blase spielt sich unverändert in dem immer noch nicht verbotenenOTC-Derivate-Casino ab, wo die steuergeldgestützte Finanzindustrie mit der„Kleinigkeit“ von nur 604.622.000.000.000 USD (+10,5% ggü. 31.12.2008!) auf die Pleite von Unternehmen oderStaaten, Devisen- oder Zinsänderungen wettet. Die durch Zwangsfusionenkonzentrierten und damit noch höhere Risiken als je zuvor auf sich vereinenden Zombiebanken„jonglieren“ dort – auf Basis finanzmathematischer Modelle – mit „system(de)stabilisierenden“Massenvernichtungswaffen (Warren Buffet), die das Welt-BIP von 2008 (60,689Billionen USD) „nur“ um mehr als das 10-fache übertreffen. Unter Jugendlichen heißtdiese Art von „Sport“ Komasaufen, unter Bankern hingegen: „too big to fail.“
Dafür genehmigt sich imKrisenjahr 2009 allein der US-Finanzsektor, angeführt von dem nur „Gottes Werk“ verrichtenden LlyodBlankfein – CEO von Go(l)dman Sachs – angesichts des unermüdlichen Einsatzesfür den eigenen Wohlstand torschlusspanikartig neue Rekordboni (Schätzung 2009:~140 Mrd. USD), die selbst dem patriotischsten Amerikaner inzwischen saueraufstoßen … sofern dieser zuvor überhaupt noch etwas zu essen hatte. Denn nachAngaben des US-Landwirtschafts-ministeriums mussten 2008 im Land derunbegrenzten Möglichkeiten etwa 50 Millionen(!) Amerikaner, darunter 16,7 Millionen Kinder (+4,3 Millionen zum Vorjahr),Hunger leiden.
Noch erträgt dieBevölkerung, die 2009 wieder vor allem mit Klima-, Terror-, und Grippe-Panik „beschäftigt“wurde, dass die Banken trotz aller Moralapelle die politisch legalisierteAusbeutung der Steuerzahler konsequent durchziehen. Wer, wie die Banken jetzterst recht, mit „einer dicken Lippe“(Angela Merkel)den Systemabsturz androhen kann, braucht eben nicht mehr „Bitte“ zu sagen. Dochdie strikte Weigerung der wir-hatten-keine-Alternative-Politiker, die Ursachender Finanzkrise zu eliminieren und den Banken ihre unbegrenzte Macht zu nehmen,könnte auch diesen noch sauer aufstoßen, denn „aus der Notwendigkeit einer zweiten Stützungsaktion des Bankensektors“könnte unserer Demokratie dann der „gesellschaftlichem Kollaps“ drohen, wie es ein visionärer EZB-Chef Trichet imNovember 2009 schon mal vorsorglich alle wissen ließ.
„Denn wenn sie alle vollständigverstehen, wie sie vorgeht, was sie tut, wie sie die Geldpolitik und die Zinsenmanipuliert, werden sie endlich kapieren, dass es die FED ist, die das ganzeUnheil angerichtet hat.“ (Ron Paul, republikanischer US-Kongressabgeordneter, 2009)
Die unübersehbarenSpekulationsexzesse an den Derivate- und Kapitalmärkten werden auch von denNotenbanken weiterhin konsequent ignoriert; dafür hat FED- Chef Ben Bernanke,der „Einflussreichste Denker des Jahres 2009“, so die Laudatio des Fachmagazins"Foreign Policy", die „Rolleeiner Zentralbank neu definiert“ … und verlängerte als neues „schwarzesLoch“ der Finanzmärkte folgerichtig auch prompt das 1,45 Billionen USD schwereAufkaufprogramm für zweifelhafte Wertpapiere der staatlichen Subprime-Immobilienfinanziererbis weit in das Jahr 2010 hinein!
Obwohl„der jüngste Aufschwung“ so FED-ChefBen Bernanke „mehr als nur vorübergehendeFaktoren widerspiegelt“, und allein damit spekulationsbegrenzendeZinserhöhungen mehr als begründet wären, signalisiertedieser zuletzt, das Spielcasino für die Wall Street noch „für einen längeren Zeitraum“ mit Leitzinsen zwischen 0-0,25%geöffnet zu halten. Diese Geldpolitik der „Person des Jahres 2009“ ("Time" Magazin) gleicht damit genau derinkompetenten seines Mentors – dem Magier der Märkte – Alan Greenspan von 2003,der seinerzeit mit der Politik des billigen Kredits eine bis dato ohnehin schonbedrohliche kollektive Immobilienspekulation in eine noch gigantischere Blaseverwandelt hatte.
„Damals“,so Wolfgang Münchau in einer Kolumne der Financial Times Deutschland am 03.11.2009,„konnten die Notenbanker noch behaupten,sie hätten die Zusammenhänge zwischen nominalen Zinsen und Wertpapierpreisennicht verstanden. […] Heute geht das nicht mehr. Damals handelte insbesonderedie Federal Reserve unverantwortlich, aber sie tat das zumindest ein Stück weitaus dem einfachen Grund, dass sie uninformiert war. Wenn Notenbanker heute dengleichen Fehler wiederholen, wären sie kriminell inkompetent.“
Nichtweniger scharf kritisierte kürzlich US-Senator Jim Bunning anlässlich eines Hearings zur Verlängerung Bernanke´s Amtszeit,dessen Politik in der Finanzkrise. Er unternehme alles, damit „seine Chefs von der Wall Street […] wieauch Aktionäre oder Gläubiger, nicht die Konsequenzen ihrer eingegangenexzessiven Risiken befürchten müssen.“Und weiter: „Der AIG-Bailout allein istGrund genug Sie nach Princeton zurückzuschicken. […] In short, you are thedefinition of moral hazard.“
„Es gibt das Gerücht, dass Staaten nichtpleitegehen können … dieses Gerücht stimmt nicht.“ (Angela Merkel, im Januar 2009)
Die Verantwortlichen inRegierungen und Notenbanken haben in zwei Jahren Finanzkrise diverseNebelkerzen abgebrannt, aber bislang kein einziges der „systemischen“ Probleme gelöst, sondern – auf Rat fast aller namhaften Ökonomen – lediglich die Symptome medienwirksam behandelt und dieunbegrenzten Verlustrisiken des Finanzsystems in die nur begrenztaufnahmefähigen Staatshaushalte oder die scheinbar unbegrenzt aufnahmefähigenNotenbankbilanzen verschoben und damitdie Krise bisher … komplett verschwendet! Doch dem noch nicht genughaben die Regierungen weltweit Billionen an neuen Schulden zurKonjunkturstützung aufgenommen, um damit die Bereinigung der im Kreditboomentstandenen unhaltbaren weltwirtschaftlichen Ungleichgewichte … nur nochmalsein wenig in die Zukunft zu verschieben.
Völlig unbeirrt von der inder Finanzkrise bereits dramatisch gestiegenen Staatsverschuldung fordern aber Politikberater,wie der laut "Bild" klügste Ökonom Deutschlands Prof. Hans-WernerSinn, dennoch von der Politik, „dieAusgaben im nächsten Jahr [2010] aufkeinen Fall zurückzufahren“ und sichsogar noch „weiter zu verschulden.“Übertroffen wird er dabei nur noch vonUS-Professor DeLong,der die mit über 1,417 Billionen USD höchste US-Rekordneuverschuldung innerhalbnur eines Fiskaljahres (2009), sogar als noch „nicht genug“ titulierte.
In den neuestenHaushaltsplanungen, die selbstverständlich eine positive Wirtschaftsentwicklungauch trotz dramatisch sinkender Kreditvergabe an den noch immer überschuldeten Konsumenten unterstellen, findendiese „in debt we trust“-Empfehlungen bereits weltweit ihre Umsetzung. So sollenin diesem Jahr in Deutschland bereits mehr als 30% der Ausgaben, in den USA fast50% und in Japan sogar atemberaubende 60% ... mit neuen Schulden finanziertwerden!
All die Verschuldungsökonomen,die so unverdrossen ihrem „langfristigsind wir alle tot“-Lehrmeister John Meynard Keynes folgen, haben nicht nurdie Ursachen von Finanzkrisen (Überschuldung) in ihren Modellen nichtberücksichtigt, sondern scheinen auch noch zu glauben, dass die nach AlbertEinstein „größte mathematische Entdeckungaller Zeiten“ – der Zinseszins-Effekt – nicht für Staatsschulden gilt.
Doch spätestens, wenn „die langfristigen Zinsen weltweit steigenund sich damit die wahren Kosten der Finanz- und Wirtschaftskrise offenbaren“, wiees die Rating-Agentur Moody`s sogar schon für 2010 prophezeit, wird nicht nur derÖkonomenzunft die nächste (Sinn)Krise bevorstehen.
Denn die implizite Hoffnungder Ökonomen und Politiker, dass sich die Probleme über die jetzt praktizierte Aufnahmeder Staatsschulden in die Bilanzen der Notenbanken – also per Druckerpresse –lösen ließen, könnte einfach … an der Realität scheitern! Aus seinersystematischen Untersuchung von acht Jahrhunderten Finanzkrisen gibt der ehemaligeIWF-Chefökonom Kenneth Rogoffden Verschuldungspropheten bereits heute eine ganz andere Prognose mit auf denWeg:
„Eskommt sehr oft vor, dass Bankenkrisen zwei, drei Jahre später vonStaatsbankrotten gefolgt werden.“
Artikel mit Grafiken als PDF: 2010 - Im Auge des Hurrikans
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