Der Karlsruher Philosoph Peter Sloterdijk führt das deutsche Steuersystem auf eine grundlegend falsche Vorstellung von der menschlichen Natur zurück.
"Die reale Solidargemeinschaft mitfiskalischen Zwangsmaßnahmen herstellen zu wollen, ist ein blamabler Ansatz. Die Leute glauben, sobald der staatliche Zwang fehlt, lösen sich alle Bindungen über Nacht auf", sagte der streitbare Philosoph in der neuen, am Donnerstag erscheinenden Ausgabe des Hamburger Magazins stern.
"Diese elende Ideologie, die bei sich und den anderennur Gier kennt, beweist, dass wir einem falschen Menschenbild aufgesessen sind. Man glaubt, der Mensch ist das Tier, das so viel wie möglich nimmt. Man kommt gar nicht erst auf den Gedanken, die Menschen in ihren Geberqualitäten ernst zu nehmen", sagte Sloterdijk.
Sloterdijk hatte mit seinen Vorschlägen, den Staatshaushalt nur durch Spenden der "Leistungsträger" zu finanzieren, einst eine heftige Debatte ausgelöst. Auf die Vermutung, vielleicht mehr an Effekt heischenden Formulierungen als an der reinen Wahrheit interessiert zu sein, reagierte der hitzige Philosoph im Streitgespräch mit dem stern selbstbewusst: "Ich mache nie bunt schillernde Sätze, ich drücke mich nur gut aus. Gewisse Leute, die sich schlechter ausdrücken, halten das vielleicht für schillernd."