Vor der Abstimmung über das umstrittene Swift-Abkommen im Europäischen Parlament
warnen die USA die EU und Deutschland vor ernsten diplomatischen Folgen
und Sicherheitslücken, sollte es nicht zustande kommen. Die US-Regierung sehe
das Abkommen über den Austausch von Bankdaten zur Terrorbekämpfung als „ersten
großen Testfall für die transatlantische Sicherheitskooperation nach dem Vertrag
von Lissabon“, so Adam Szubin, der im US-Finanzministerium für das Terrorist
Finance Tracking Program zuständig ist. Ein Scheitern, so Szubin, wäre „sehr, sehr
schädlich“. Europa und insbesondere Deutschland seien derzeit „im Fadenkreuz
des islamistischen Terrors und damit die Hauptprofiteure von Swift-Auskünften“, so
der US-Emissär, der vorige Woche mit mehreren Kollegen in Brüssel und Berlin versuchte,
Kritiker vor der Abstimmung umzustimmen. Sogar Außenministerin Hillary
Clinton wurde bei der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton vorstellig. Szubin
nannte in Berlin erstmals Zahlen: Danach hätten deutsche Behörden allein in den
Ermittlungen gegen die Sauerland-Gruppe rund 20 Swift-Berichte aus den USA erhalten.
Insgesamt seien seit 2006 deutlich mehr als 100 Swift-Auskünfte nach
Deutschland gegangen. Datenschutzbedenken versuchte der Experte zu zerstreuen:
So seien bei jeder Abfrage durch US-Behörden in einem geheimen Regierungsgebäude
in Washington Swift-Mitarbeiter zugegen. Es gebe zudem eine Reihe
externer und interner Kontrollen, auch durch ein eigens eingesetztes Gremium
der EU. Das Echo auf die Überzeugungsversuche aus Amerika war in Brüssel gemischt.
Ende der Woche zeichnete sich eine Mehrheit gegen das Abkommen ab:
Nur die Fraktion der Konservativen (EVP) ist mehrheitlich für das Abkommen. Der
Justiz- und Innenausschuss hat es vergangenen Donnerstag mit 29 zu 23 Stimmen
abgelehnt. Die rechtlich bindende Entscheidung fällt indes erst am kommenden Donnerstag im Plenum.DER SPIEGEL 6/2010