Morgen vor 20 Jahren, am 6. Februar1990, traf der damalige Bundesbankpräsident Karl Otto Pöhl inOst-Berlin mit dem DDR-Staatsbankpräsidenten Horst Kaminsky zusammen.Zur selben Zeit entschieden in Bonn die Vorsitzenden derRegierungsparteien, Kohl, Waigel und Lambsdorff, – ohne Pöhls Wissen –,der DDR Verhandlungen über eine sofortige Währungsunion anzubieten.
Nach der Entscheidung in Bonn am 6.Februar habe er an Rücktritt gedacht, sagte Pöhl. „Ich bin die halbeNacht im Hotelzimmer auf und ab gegangen. So, jetzt musst du eigentlichzurücktreten, habe ich gedacht, wenn du so desavouiert, so lächerlichvor der Weltpresse gemacht worden bist. Da kannst du eigentlich nichtbleiben“, sagte Pöhl. „Aber dann habe ich überlegt: Das ist einhistorischer Moment, und es versteht kein Mensch, wenn derBundesbankpräsident als beleidigte Leberwurst zurücktritt. Und deswegenhabe ich mir gesagt: Ich ziehe das mit durch.“
Pöhl sagte, er habe für den Ruf inden Montagsdemonstrationen nach einer Währung großes Verständnisgehabt, „aber ich wollte eine realistische Einschätzung. Das galtspäter auch für die heftige Diskussion über den Umtauschkurs von „1 zu1“. Alle realistischen Umtauschkurse hatten einen Sturm der Entrüstungin der DDR ausgelöst“, sagte Pöhl der WELT.
Er habe die die Entscheidung derRegierung zwar mindestens für verfrüht gehalten, aber er habe sieakzeptiert und loyal unterstützt. Im Nachhinein hätten sich seinedamaligen Bedenken als richtig erwiesen: „Die wirtschaftlichen Folgen,vor denen nicht nur ich gewarnt hatte, sind alle so eingetroffen. Aberich denke, diese Entscheidung hat den Weg zur Einheit unumkehrbargemacht – und dafür einen hohen ökonomischen Preis mit sich gebracht“;sage Pöhl. Im Nachhinein habe er aber ein gewisses Verständnis für dieArt, wie die Bundesregierung mit der Sache umgegangen ist. „Sie standunter wahnsinnigem politischem Druck. Das muss man respektieren, beialler Kritik“, sagte Pöhl.
Ein Gegner der Einheit, wie ihm imNachhinein häufig vorgeworfen worden sei, sei er aber „definitiv nicht“gewesen, sagte Pöhl. „Noch beim 50. Geburtstag der Bundesbank 2007sagte Bundeskanzlerin Merkel zu mir, dass ich damals die deutscheEinheit abgelehnt hätte. Ich trage das Frau Merkel nicht nach, aber esverdeutlicht den Eindruck, der 1990 entstanden ist, auch wegen derdüpierenden Umstände in Ost-Berlin“, sagte Pöhl.
Pöhl war von 1980 bis 1991Bundesbankpräsident. 1991 trat er aus persönlichen Gründen vom Amtzurück. Als wirklicher Grund werden jedoch oft Differenzen mit demdamaligen Bundeskanzler Helmut Kohl genannt. Pöhl sei mit derVorgehensweise Kohls bei der wirtschaftlichen Wiedervereinigung nichteinverstanden gewesen, insbesondere die Festlegung des Wechselkurseshabe Pöhl nicht mittragen können.