Wenn ein Staat in die Zahlungsunfähigkeit gerate, sei "die größteGefahr, dass Chaos ausbricht. Dass es zu sozialen und politischenUnruhen kommt", sagte Köhler. "Deshalb brauchen wir ein geordnetesVerfahren. Damit jeder weiß, welche Stellen kümmern sich, welcheSpielregeln gelten jetzt? Was muss das betroffene Land ändern? Und esgeht auch um die Frage, auf wie viel Geld die Gläubiger unter Umständenverzichten müssen. Wenn es dafür Antworten gibt, dann ist ein Neustartmöglich." Der Bundespräsident betonte in FOCUS, dass er diesenVorschlag losgelöst vom Fall Griechenland mache. Die Situation inGriechenland verlange "eine Lösung, in der Solidarität sichtbar ist".
Köhler lobte die Anregung von Bundesfinanzminister WolfgangSchäuble (CDU), einen Europäischen Währungsfonds einzurichten."Wolfgang Schäuble verlangt vor allem schärfere Regeln zur Einhaltungvon Finanzdisziplin und Strukturreformen in den Mitgliedsländern derEuro-Gruppe. Das unterstütze ich nachdrücklich", so der Bundespräsidentzu FOCUS. "Der Begriff ‚Europäischer Währungsfonds’ kann in die Irreführen, weil sofort die Frage auftaucht: Ist das eineKonkurrenzveranstaltung zum Internationalen Währungsfonds? Das willniemand. Aber der Gedanke, dass als Ultima Ratio auch die Insolvenzeines Staates in Betracht kommt, der ist richtig."
In der Euro-Zone muss es nach Ansicht Köhlers eine stärkereZusammenarbeit geben. "Wir brauchen eine effektive Koordinierung dernationalen Wirtschafts- und Finanzpolitiken. Wenn einem Land imEuro-Raum die Schulden aus dem Ruder laufen, dann holt das alle anderenein", sagte er FOCUS. "Die Euro-Zone ist eine Schicksalsgemeinschaft.In diesem Bewusstsein müssen die Staaten ihre Politik abstimmen. Dasheißt nicht, dass alle das Gleiche machen müssen. Das heißt auch nicht,dass wir etwa unsere Sozialsysteme alle auf den gleichen Nennerbringen. Aber es heißt, dass Unterschiede in der Produktivität, in derZinsentwicklung, in den Lohnkosten nicht so groß werden dürfen, dassdie Spannungen am Ende zum Knall führen."