Berlin. Der Herzinfarkt des Vorsitzenden der Grünen-Fraktion
im Bundestag, Jürgen Trittin vor acht Wochen, war offenbar viel
dramatischer als bislang bekannt. In einem Interview mit BILD
am SONNTAG sagte Trittin: “Es war knapp. Und ich musste erkennen,
dass ich einer erblichen Veranlagung nicht davon laufen kann.
Das Laufen hat mich aber so fit gemacht, dass ich den Infarkt
trotz der anfänglichen Fehldiagnose weitgehend unbeschadet überstanden
habe.“
Der Infarkt wurde nach den Worten Trittins erst nach Tagen als
solcher erkannt: “Ich hatte undefinierte Rückenschmerzen. Mit
denen bin ich zum Arzt. Der hat eine schwere Erkältung diagnostiziert.
Erst ein EKG hat dann später ergeben, dass ich einen Herzinfarkt
hatte.“ Trittin weiter: “Ich habe ein Wochenende mit der Fehldiagnose
Erkältung zuhause im Bett gelegen. Das ist nicht gut, aber eben
passiert.“ Im Vorfeld des Infarkts habe es “null“ Warnzeichen
gegeben, so Trittin. Der Infarkt sei für ihn ein großer Schock
gewesen. “Denn bis dahin fühlte ich mich geschützt als jemand,
der sich gesund ernährt, viel Sport macht, kein Übergewicht hat.
Ich hatte geglaubt, meine Lebensweise würde helfen, meine erbliche
Veranlagung - mein Vater und Großvater hatten Herzinfarkte -
zu überwinden. Das eigentlich erschreckende war für mich, dass
ich am Tag zuvor bei großer Kälte sechs Kilometer gelaufen bin,
ohne irgendetwas gemerkt zu haben“, so Trittin zu BILD am SONNTAG.
Auf die Frage, ob er zu irgendeinem Zeitpunkt das Gefühl gehabt
habe, sterben zu müssen, antwortete Trittin: “In der modernen
Medizin haben Sie gar nicht Zeit dafür. Ich wurde behandelt,
indem das Gefäß über einen Katheter wieder geöffnet wurde. Damit
war ich genug beschäftigt.“ Seinen derzeitigen körperlichen Zustand
beschrieb Trittin als gut: “Ausweislich aller medizinischen Tests
bin ich mindestens so fit wie Anfang Januar. Ich fühle mich ausgezeichnet
Job als Fraktionsvorsitzender zurückkehren zu können.“
“Ich habe meine Ärzte bei der Abschlussuntersuchung in dieser
Woche in der Universitätsklinik Charité gefragt, welche Leistungsgrenze
ich in Zukunft beim Sport beachten muss. Die Antwort war: Keine.“
Dennoch habe sich sein Verhältnis zu seinem Herzen verändert,
so Trittin: “Mich hat es ohne Vorwarnung erwischt. Deshalb frage
ich mich schon, wie weit ich den Signalen meines Körpers noch
trauen kann. Früher bin ich nie mit einer Pulsuhr gelaufen, heute
tue ich das - vorerst jedenfalls.“
Trittin machte im ersten Interview nach seinem Schlaganfall deutlich,
dass er mit der Politik noch lange nicht aufhören will: “Viel
entscheidendender als die Stressmenge ist die Frage, ob es positiver
oder negativer Stress ist. Ich habe immer gerne Politik gemacht,
bin ein leidenschaftlicher Wahlkämpfer. Das greift mein Herz
nicht an. Im Gegenteil, wenn ich mir Politik verkneifen würde,
wäre das negativer Stress.“